Umwelt

Nur elf Prozent der heimischen Wälder "sehr naturnah"

Apa
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Ein WWF-Bericht sieht Österreichs Wald in der Krise. Die Experten empfehlen effektive Anreizsysteme, um den Laubholzanteil zu steigern. Weniger Nutzung sei noch keine Lösung.

Der Anteil von Laub- und Mischholzbeständen wird immer schwächer  und liegt derzeit in Österreich nur noch bei einem Prozent: Das sieht der WWF als einen Hauptgrund für den „Wald in der Krise“ - wie sein "Erster unabhängiger Waldbericht für Österreich 2020" betitelt ist. Weitere Ursachen für die Schädlingsanfälligkeit der Wälder seien übermäßige Nutzung, Forststraßenbau und zu große Wildbestände.

"Übernutzte Wälder sind weder für die Artenvielfalt noch im Kampf gegen die Klimakrise eine große Hilfe", so Karin Enzenhofer, Waldexpertin beim WWF Österreich. Die Autoren des Berichts sehen für die genannten Herausforderungen gesunde und vitale Wälder "als eine notwendige und unabdingbare Basis". Erstellt wurde der Bericht im Auftrag der NGO vom E.C.O. Institut für Ökologie in Kärnten. Sieben notwendige Schritte wurden für einen "Wald der Zukunft" aufgestellt, etwa die Schaffung effektiver Anreizsysteme, "um den Laubholzanteil deutlich zu steigern und den Fichtenanteil stark zu reduzieren".

Nationalpark Kalkalpen als Beispiel für Erholung

Die Notwendigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass nur elf Prozent von Österreichs Wäldern natürlich oder sehr naturnah ist, nur 0,8 Prozent davon sind effektiv geschützt. Hauptverantwortlich für den dramatisch geringen Anteil an artenreichen, klimafitten Naturwäldern ist die intensive Bewirtschaftung, schrieb der WWF am Freitag in einer Aussendung zum Waldbericht.

Wie sich Wälder nach Einstellung der Intensivbewirtschaftung von selbst wieder erholen, wird am Beispiel des Gebiets rund um den Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich erläutert. Dort wurde bereits um das Jahr 1500 der Wald im Weißenbach nahe Reichraming erstmals mittels Kahlschlägen genutzt, berichten die Autoren. "Bis zur Gründung des Nationalpark Kalkalpen setzten sich die Wälder des Hintergebirges zu rund zwei Dritteln aus Nadelhölzern zusammen. Neben Tanne, Lärche und Kiefer war die Fichte die dominierende Hauptbaumart". 1997 wurde dann der Nationalpark mit einer Fläche von rund 21.000 Hektar gegründet und die natürliche Gegenbewegung zeitigte sich in Folge: Der Anteil der Buche vergrößerte sich um 22 Prozent, die Fichte ging um zehn Prozent zurück, der Holzvorrat stieg um zwölf Prozent - und alles in allem zeige sich eine langsame Angleichung an natürliche Verhältnisse.

Nutzung und Artenvielfalt kein Widerspruch

Die Naturschutzorganisation fordert eine allgemeine Trendwende in der Waldbewirtschaftung: "Damit unser Wald seine Funktion als Klimaanlage, Kohlenstoffspeicher und Lebensraum für unzählige Organismen wieder voll und ganz ausüben kann, braucht es ein auf Ökologie ausgerichtetes Fördersystem und einen effektiven Schutz für die letzten Naturwälder", sagt WWF-Expertin Enzenhofer. Und die Nutzung von Naturräumen und der Erhalt unserer Artenvielfalt müssten sich nicht widersprechen, argumentiert die NGO.

Weniger Holz zu nutzen als zuwächst sei nicht die alleinige Lösung. Die Waldfläche nimmt ohnehin von selbst zu, und macht rund 48 Prozent der Gesamtfläche in Österreich aus. Ausreichend Totholz, verschiedene Baumarten unterschiedlichen Alters und ein gesunder Waldboden müssen eine genauso große Rolle spielen, schließt der WWF aus dem Bericht: "Struktur- und Artenvielfalt sind jene Faktoren, die unsere Wälder zukunfts-fit machen und sie gegen die Auswirkungen der Klimakrise wappnen". Eine faire Entlohnung für die Besitzer der Wälder sei dabei mit ein Erfordernis. Nachdem die Forstwirtschaft durch fallende Preise und Borkenkäferbefall unter Druck steht, fordern auch die Autoren die Entwicklung von Einkommensmöglichkeiten in neuen Leistungsbereichen, indem etwa Biodiversitäts- und Artenschutz oder Kohlenstoffspeicherung forciert werden. Letztendlich brauche es aber auch eine internationale Zusammenarbeit, um die Ziele zu erreichen.

(apa/red.)

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