Fast wie im Film: Sofia Yablonskas "Der Charme von Marokko"

„Mich überkommt die Lust, mir die Kleider vom Leib zu reißen.“ Die Altösterreicherin Sofia Yablonska, 1907 bis 1971.
„Mich überkommt die Lust, mir die Kleider vom Leib zu reißen.“ Die Altösterreicherin Sofia Yablonska, 1907 bis 1971.(c) Kupido Literaturverlag
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Sie war 25, als sie von Paris nach Marrakesch reiste: die 1907 bei Lemberg geborene Sofia Yablonska.Was sie dort erlebte und wovon sie sich magisch angezogen fühlte, rief heftige Gemütsbewegungen in ihr hervor: „Der Charme von Marokko“ – eine Entdeckungsreise zum Ich.

Vor ein paar Jahren war ich zur Buchmesse ins ukrainische L'viv eingeladen und nach einer Veranstaltung, die der Poetik der literarischen Reportage gewidmet war, mit meiner Übersetzerin und ihren Studentinnen noch in einem Wirtshaus zusammengesessen. L'viv, das alte galizische Lemberg, in dem der Besucher aus Österreich eine einprägsame Anschauung davon erhält, wie kakanische Residenzstädte einst ausgesehen haben mögen, ist reich an Cafés und Gasthäusern; und da mein Besuch schon eine Zeit her ist, empfanden wir es als gemütlich und nicht als gefährlich, dass die Tische eines Lokals eng beieinanderstanden und wir beim Diskutieren die Köpfe zusammensteckten. Das Gespräch wogte hin und her, vor allem nachdem ich gefragt hatte, ob es ukrainische Autorinnen und Autoren gäbe, die mit ihren Reportagen nicht die sozialen Realitäten des eigenen Landes erkunden, sondern andere Weltregionen erschließen wollten.

Die ukrainische Literatur ist bei uns noch immer wenig bekannt und wird von hiesigen Linken, die sich konsequent auf ihre Ressentiments verlassen, gerne als nationalistisch, von unseren Liberalen, die sich in ihrem Dünkel der Überlegenheit gefallen, als provinziell und von den Konservativen, die sich für nichts als ihre Selbstzufriedenheit interessieren, als uninteressant abgetan. Von etlichen Autoren, erst recht von Autorinnen wie Maria Gaponenko, Marisa Matios, Katja Petrowskaja oder Oksana Sabushko könnte man sich zwar mittlerweile auch auf Deutsch eines Besseren belehren lassen, aber warum sollte man das tun? Dabei war der Blick über die Grenzen der eigenen Nationalität hinaus gerade für ukrainische Autoren immer selbstverständlich; viele von ihnen sind heute zugleich als Übersetzer tätig.

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