Die Wirtschaft in den USA wuchs im zweiten Quartal 2010 um 1,6 Prozent, in den ersten drei Monaten waren es noch 3,7 Prozent. Vor allem die hohe Arbeitslosigkeit dämpft das Wachstum.
Die US-Wirtschaft hat ihr Wachstumstempo kräftig gedrosselt und kommt damit langsamer aus der Krise als erhofft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von April bis Juni mit einer aufs Jahr hochgerechneten Rate von lediglich 1,6 Prozent, wie das Handelsministerium am Freitag nach revidierten Zahlen mitteilte. In einer ersten Schätzung war mit 2,4 Prozent noch ein weit höherer Zuwachs erwartet worden. Dabei war das Außenhandelsdefizit jedoch zu niedrig veranschlagt worden. Der Fehlbetrag erwies sich nun als dicker Bremsklotz für das Wachstum. Auch der Lageraufbau war nicht so üppig wie zunächst angenommen.
Experten befürchteten stärkere Bremse
Obwohl die wirtschaftliche Abkühlung nicht ganz so kräftig wie von Experten befürchtet ausfiel, bleibt die Sorge, dass die Erholung im laufenden Sommerquartal ins Stocken geraten könnte. Die US-Wirtschaft wächst seit Sommer 2009 wieder. Doch vor allem eine hohe Arbeitslosigkeit und Probleme am Immobilienmarkt machen der weltgrößten Volkswirtschaft zu schaffen. Die Wirtschaft war aber kraftvoll ins Jahr gestartet: Im ersten Quartal legte das BIP nach den jüngsten Daten um 3,7 Prozent zu.
Die US-Notenbank ist zur weiteren Stützung der amerikanischen Konjunktur bereit, sollten sich die Aussichten "erheblich" eintrüben. "Sollten weitere Maßnahmen nötig werden, stehen geldpolitische Optionen für eine zusätzliche Ankurbelung zur Verfügung", sagte Zentralbankchef Ben Bernanke auf dem Finanz- und Wirtschaftsforum der Federal Reserve in Jackson Hole (Wyoming) laut Manuskript. Trotz der jüngsten Verlangsamung des Aufschwungs zeigte sich Bernanke verhalten optimistisch: 2011 sollte das Wachstum wieder an Tempo gewinnen. Nach Ansicht des US-Notenbankers James Bullard droht trotz der Abkühlung kein Rückfall in die Rezession. Dies sei "derzeit nicht sehr wahrscheinlich", sagte er dem TV-Sender CNBC.
Ausfuhren und Einfuhren stark gesteigert
Licht und Schatten liegen in der US-Wirtschaft dicht beieinander: Die USA konnten im zweiten Quartal zwar ihre Ausfuhren um aufs Jahr hochgerechnete 9,1 Prozent steigern. Doch zogen gleichzeitig die Einfuhren um fast ein Drittel an. Einen solchen Importschub gab es seit Anfang 1984 nicht mehr. Der Fehlbetrag in der Handelsbilanz schlug voll auf das Wachstum durch und schmälerte die Wirtschaftsleistung um knapp 3,4 Prozentpunkte. Einen solchen Effekt hatte es zuletzt in der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg gegeben.
Auch der Lageraufbau nach der Krise fiel im zweiten Quartal mit einem Volumen von 63,2 Mrd. Dollar (49,7 Mrd. Euro) nicht so stark aus, wie ursprünglich mit 75,7 Mrd. Dollar angenommen. Dies könnte sich aber künftig ändern, meint Ökonom Ralf Umlauf von der Helaba: "Ein verringerter Lageraufbau ist für die kommenden Quartale als unterstützend anzusehen, da geringe Lagerbestände eine zyklische Aufwärtsbewegung in der Zukunft begünstigen können."
Lichtblick privater Konsum
Beim für die US-Wirtschaft immens wichtigen Konsum zeigen sich zudem bereits Lichtblicke: Die staatlichen Statistiker revidierten das Plus bei den Verbraucherausgaben im Frühjahr auf 2,0 von 1,6 Prozent nach oben. Damit wurde das Plus vom ersten Quartal von 1,9 Prozent sogar leicht übertroffen.
Der IWF warnt vor diesem Hintergrund vor übertriebenem Pessimismus. "Der wahrscheinlichste Verlauf ist die Fortsetzung einer moderaten Erholung, dabei liegt die Betonung auf moderat", sagte IWF-Vizechef John Lipsky Reuters Insider. Auch die jüngsten enttäuschenden Daten vom Immobilienmarkt und zum Absatz langlebiger Güter kehrten dieses Bild nicht um. "Wir erwarten sicherlich keinen plötzlichen Aufbau von Arbeitsplätzen", erklärte Lipsky. "Aber sich die Erholung fortsetzt, wie zu erwarten ist, dann wird sie ein Job-Wachstum auslösen."
Davon ist der US-Arbeitsmarkt trotz jüngster Lichtblicke noch meilenweit entfernt. Dies dürfte die Fed allmählich nervös machen, die neben Preisstabilität auch für Vollbeschäftigung sorgen soll.
(Ag.)