Morgenglosse

Ein fetter November in einem kargen Jahr

Laut deutschen Ökonomen erhalten Unternehmen im Lockdown mehr Hilfszahlungen, als wenn sie geöffnet hätten. Kurzfristig ist das zwar zu argumentieren, es darf aber nicht zu einer dauerhaften Erwartungshaltung gegenüber dem Staat führen.

Zehn Milliarden Euro zahlen die deutschen Steuerzahler laut Berechnungen von Ökonomen mehr als Umsatzersatz während des Lockdowns, als dies eigentlich notwendig wäre. Grund dafür ist, dass viele Kosten variabel sind. Wenn also keine gebratene Martini-Gans verkauft werden kann, muss der Wirt die rohe Gans auch nicht selbst kaufen. Er spart sich somit Kosten, erhält aber dennoch 75 Prozent seines Vorjahres-Umsatzes vom Staat. In Österreich sind es sogar 80 Prozent. Und da hierzulande auch andere Hilfen nicht gegengerechnet werden, dürfte es wohl ebenfalls zu einer ähnlichen oder sogar noch stärkeren Überförderung kommen, wie jüngst auch der deutsche Ökonom Achim Truger meinte.

Für gewisse Unternehmen könnte der November 2020 also zu einem der lukrativsten ihrer Firmengeschichte werden. Das bedeutet aber nicht, dass es hier nun zu einer außerordentlichen Bereicherung auf Kosten des Staates kommt. Denn die anderen Monate des Jahres 2020 waren äußerst karg. Unter dem Strich werden daher viele Firmen ordentliche Verluste erleiden. Und es ist für die Volkswirtschaft jedenfalls sinnvoller, gesunde Unternehmen und die damit verbundenen Arbeitsplätze durch die - von ihnen unverschuldete - Krise zu tragen, als das gleiche Geld für die Arbeitslosen auszugeben, die eine Insolvenz nach sich ziehen würde.

Dennoch ist wichtig, dass es hier nicht zu einer Verschiebung der Wahrnehmung kommt. Wenn nun aber erste Funktionäre dafür plädieren, dass es lieber einen Lockdown mit Ersatzzahlungen statt einer Lockerung der Maßnahmen geben soll, dann ist das ein gehöriges Warnzeichen. Denn eines sollte allen Menschen im Land (und vor allem den offiziellen Vertretern der Unternehmer) klar sein: Dauerhaft funktioniert unser System nur, wenn die Wirtschaft mit ihrer Produktivität und den darauf bezogenen Steuern den Staat finanziert - und nicht umgekehrt.

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