Brasilien

Kahlschlag im Amazonas im Schatten der Pandemie

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FILES-BRAZIL-GERMANY-FRANCE-BRITAIN-POLITICS-ECONOMY-ENVIRONMENTAPA/AFP/FLORIAN PLAUCHEUR
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Die Zerstörung des Regenwaldes im Amazonas schreitet rasant voran – die Regierung Bolsonaros billigt das. Es wurde in zwölf Monaten so viel gerodet wie seit zwölf Jahren nicht mehr

Eine angekündigte Katastrophe. Seit Monaten hatte sich angedeutet, dass die Entwaldung im Amazonasgebiet auch im Jahr der Pandemie weiter zunimmt. Nun verlautbarte Brasiliens Weltraumbehörde INPE, die seit vielen Jahren die Abholzung des Tropenwaldes mit ihren Satelliten dokumentiert, dass zwischen August 2019 und Juli 2020 so viel gerodet wurde wie seit zwölf Jahren nicht mehr.

Der größte Tropenwald der Welt hat in dem Zeitraum 11.088 Quadratkilometer an Bäumen verloren, ein Anstieg von 9,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das entspricht einer Fläche fast so groß wie Oberösterreich. Und es verdeutlicht die dramatischen Folgen der Politik von Präsident Jair Bolsonaro. Dieser und sein Umweltminister Ricardo Salles hatten seit Amtsantritt Anfang 2019 die Umweltkontrollbehörden systematisch geschwächt, illegale Landbesetzungen und wilde Abholzung entweder toleriert oder teilweise sogar öffentlich verteidigt und immer wieder gefordert, Schutzgebiete für die indigene Urbevölkerung für die Nutzung durch Landwirtschaft und Bergbauindustrie zu öffnen.

Entwaldungsrate dreimal so hoch wie Klimaziel

Die nun vermeldete Entwaldungsrate ist mehr als dreimal so hoch wie das Ziel, das Brasilien auf der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen für das Jahr 2020 vorgelegt hat. Eigentlich hätte die Abholzung auf unter 3000 Quadratkilometer sinken sollen. Der Amazonas-Regenwald ist für den Klimaschutz von zentraler Bedeutung – er gilt als „grüne Lunge“ der Erde. Die Bäume können CO2 aufnehmen und speichern. Wenn sie jedoch abbrennen oder abgeholzt werden, gelangt das Treibhausgas wieder in die Atmosphäre.

Die Bilanz wurde nicht vom Umweltminister Ricardo Salles präsentiert. Der frühere Rechtsanwalt, hatte in einer von der Bundespolizei mitgeschnittenen Kabinettssitzung Ende April gefordert, die internationale Aufmerksamkeit auf das Coronavirus auszunutzen, um im Amazonas-Raum „Regeln zu ändern“ und „Normen zu vereinfachen“.

Die INPE-Bilanz, die vorläufig ist und die erst im nächsten Jahr bestätigt werden soll, wurde vom brasilianischen Vizepräsidenten Hamilton Mourao präsentiert. Der Ex-General hat bereits zu vielen Gelegenheiten versuchen müssen, die Wogen zu glätten, die Präsident Bolsonaro aufwirbelt. Seit Mai leitet Mourao den „Nationalrat des Amazonasgebiets“, der auch die Exzesse im Tropenwald eindämmen soll.

Mit Militär gegen Holzraub

Die Regierung hat vorigen Mai 3400 Soldaten in den Regenwald geschickt, um Edelholzraub ebenso zu unterbinden wie illegale Abholzung. Mourao bekannte nun, dass es keinerlei Grund gebe, „irgendetwas zu feiern“, aber er las aus den Daten zumindest eine leichte Tendenz der Besserung. Angeblich sei die Zunahme der Delikte durch die Schutztruppe eingedämmt worden.

Umweltgruppen konnten gar nichts Positives aus den Zahlen herauslesen. „Sie zeigen, dass Jair Bolsonaros Plan erfolgreich war“, ätzte das Climate Observatory, ein Zusammenschluss aus 56 Umweltorganisationen, darunter Greenpeace und der WWF. „Landbesetzer, Bergarbeiter, illegale Holzfäller und Indianermörder, wussten die Signale zu interpretieren, die von der Präsidentschaft und, in noch nie dagewesener Weise, vom Umweltministerium ausgingen.

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