Coronaregeln gebrochen

Ungarischer EU-Abgeordneter stolpert über Sex-Party in Brüssel

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Der prominente Jurist und Politiker József Szájer von der Regierungspartei Fidesz wurde in einem Klub in flagranti bei einem wegen Corona illegalen Fest erwischt. Er ist Gründungsmitglied der Fidesz und Mitautor der aktuellen Verfassung Ungarns.

Eine wegen der Coronaregeln verbotene Party in der Innenstadt von Brüssel dürfte für so manchen Teilnehmer noch besonders unangenehme Folgen haben: Wie belgische, britische und mittlerweile auch ungarische Medien berichten, hätten an dem wilden Fest in einer Wohnung über einer Bar nahe des Hauptplatzes Grand Place nämlich auch Diplomaten bisher nicht genannter Länder sowie ein EU-Abgeordneter aus Ungarn teilgenommen.

Dieser, József Szájer (59), gehört der rechtsnationalen Regierungspartei Fidesz von Premierminister Viktor Orbán an. Er habe, als die Polizei die Wohnung stürmte, noch versucht, aus einem Fenster im ersten Stock und über die Fassade zu fliehen, was aber misslang.

Lokal der Homosexuellenszene

Bei der Bar, zu der die Wohnung gehört, handelt es sich um ein bekanntes Lokal der Homosexuellenszene. Medienberichten zufolge hätten die Polizisten etwa 25 Personen vorgefunden, großteils Männer und nackt, und diese in flagranti bei einer Gruppenorgie erwischt. Es gebe auch Indizien hinsichtlich des Konsums illegaler Drogen.

Szájer gestand seine Teilnahme am Dienstag in einer Aussendung ein. Drogen habe er nicht genommen. Ecstasy-Tabletten, die man bei ihm fand, seien nicht seine gewesen. Nach einem mündlichen Verweis hätten ihn Polizisten in seine Dienstwohnung gebracht, teilte er weiter mit. Er bedaure, dass er die Regeln des wegen Corona veranlassten Versammlungsverbotes verletzt habe, und akzeptiere die Sanktionen deswegen. Laut Staatsanwaltschaft drohen den Feiernden je 250 Euro und den Veranstaltern bis zu 750 Euro Strafe. Gegen Szájer wollen die Behörden zusätzlich wegen Drogenbesitzes ermitteln. Aber erst nach Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität.

Frau ist Verfassungsrichterin

Szájer ist verheiratet und Vater einer Tochter. Seine Frau ist eine prominente Juristin, Leiterin der obersten Richterbehörde und zurzeit Verfassungsrichterin auf einem „Ticket" von Fidesz.

Aus dem EU-Parlament hieß es, man werde dem Ungarn hinsichtlich seiner zeitlich noch vorhandenen Immunität nicht helfen, weil diese für solche privaten Vorgänge nicht greife. Die Teilnahme an so einer Party sei an sich nicht illegal, aber unter den aktuellen Regeln eben schon.

Rücktritt bereits am Sonntag erklärt

Der Ungar, der aus Sopron (Ödenburg) an der Grenze zu Österreich stammt, hatte indes erst am Sonntag sein Mandat zurückgegeben. Laut damaliger Aussendung würde die Teilnahme an aktuellen politischen Kämpfen eine „immer größere seelische Belastung" für ihn bedeuten. Sein Rücktritt, den er mit Ende Dezember setzen wolle, folge einer „lang andauernden Überlegung". In seiner Aussendung vom Dienstag präzisierte er nun die wahren Gründe: Der am Sonntag angekündigte Rücktritt sei als Konsequenz für diesen "Fehltritt" zu sehen.

Szájer ist ein Mitgründer der Fidesz-Partei, der er von 1996 bis 2003 als Vizechef vorstand. Der studierte Jurist kam 1990 als Abgeordneter ins ungarische Parlament, wo er acht Jahre Leiter der Fidesz-Fraktion und zwei Jahre Vizepräsident des Parlaments war. 2004 wurde er ins EU-Parlament gewählt, wo er bis 2019 Vizechef der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP) war. Diese Funktion verlor er, nachdem die EVP-Mitgliedschaft von Fidesz 2019 wegen wiederholter Konflikte suspendiert worden war.

„Weggelobt" wegen „Vorfällen"

Informationen aus eingeweihten Kreisen zufolge soll Szájer seinerzeit aufs Brüsseler Politik-Parkett „weggelobt" worden sein, weil es homosexuelle sowie sexuell konnotierte Vorfälle anderer Natur gegeben habe. Szájer war am Dienstagabend für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Der Jurist lehrte in England und den USA Verfassungsrecht und war 2011 als Chef des Verfassungsausschusses maßgeblich an der Ausarbeitung der neuen ungarischen Verfassung beteiligt, die laut EU-Kritik nicht mit den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit im Einklang steht und eine Basis für die autoritäre Ordnung des Landes schafft.

(APA/ag./red.)

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