Konjunktur: Amerikanisches Wachstum verliert an Fahrt

Konjunktur Amerikanisches Wachstum verliert
Konjunktur Amerikanisches Wachstum verliert(c) AP (Alex Brandon)
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Notenbank-Chef Ben Bernanke spricht von weiteren Stützungen für die US-Wirtschaft. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg auf das Jahr hochgerechnet mit 1,6 Prozent stärker als erwartet.

Wien (gre/ag.). Die Neuigkeiten hätten auch schlimmer ausfallen können: Am Freitag stellte das US-Handelsministerium die neuesten Konjunkturdaten vor. Wie erwartet konnten die von offizieller Seite prognostizierten 2,4 Prozent für das zweite Quartal nicht gehalten werden. Doch immerhin stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf das Jahr hochgerechnet mit 1,6 Prozent stärker, als Ökonomen zuvor erwartet hatten.

Unausgeglichene Handelsbilanz

Schuld an der Abschwächung der Konjunktur sei unter anderem der Privatkonsum gewesen, der etwa 70 Prozent der Wirtschaftsleistung ausmacht: Die US-Bürger hätten – wiederum auf das ganze Jahr hochgerechnet – im zweiten Quartal nur zwei Prozent mehr ausgegeben. Außerdem wird das Handelsbilanzdefizit (die Differenz zwischen Exporten und Importen) immer größer. Im zweiten Quartal überstieg der Wert der Einfuhren jene der Ausfuhren um 445 Mrd. Dollar. Das entspricht einem entgangenen Wirtschaftswachstum von 3,37 Prozentpunkten. Es handelt sich dabei um den höchsten Wert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1947.

Weil sich der Immobilienmarkt noch immer nicht gänzlich von der Krise erholt hat, Löhne und Gehälter geringer steigen als vorhergesagt und auch die Ausgaben der Wirtschaftstreibenden nicht anziehen, gehen die Experten von einer weiteren Verlangsamung der Dynamik aus. Das Risiko, wieder in eine Rezession abzurutschen, beziffert Mark Zandy von Moody's Analytics mit 33 Prozent. Vor zwölf Wochen hat man noch mit einer 13-prozentigen Chance gerechnet. Der IWF warnt unterdessen vor übertriebenem Pessimismus, am wahrscheinlichsten würde die moderate Erholung fortgesetzt, was ein Wachstum bei den Arbeitsplätzen auslösen könnte.

„Fed wird Aufschwung stützen“

Für Europa ist eine positive Entwicklung der US-Wirtschaft von großer Bedeutung, da das Wirtschaftswachstum hierzulande zu großen Teilen auf starken Exporten beruht. Da beruhigen die Aussagen des Vorsitzenden der US-Notenbank Federal Reserve (Fed): Das Wachstum des letzten Jahres wäre zu niedrig und die Arbeitslosigkeit zu hoch gewesen. Die US-Zentralbank würde alles in ihrer Macht Stehende tun, um die weitere Erholung der Wirtschaft zu ermöglichen. Die Fed sei bereit für weitere monetäre Hilfen „unkonventioneller Art“, wenn diese sich als notwendig herausstellen sollten, insbesondere bei Verschlechterungen der Konjunkturprognosen. Das Risiko einer unerwünscht hohen Inflation sei genauso gering wie die Deflationsgefahr.

Im Lauf der Finanz- und Wirtschaftskrise hat die Fed den Leitzins auf nahe null Prozent gesenkt und den Markt mit Geld geschwemmt: 300 Mrd. Dollar wurden für US-Staatsanleihen und mehr als eine Billion Dollar für andere Wertpapiere ausgegeben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2010)

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