Coronavirus

Zahl der Todesfälle Mitte November so hoch wie seit 42 Jahren nicht mehr

A woman wearing a protective face mask walks between tombstones at the Zentralfriedhof cemetery on an autumn day ahead of All Saints Day in Vienna
A woman wearing a protective face mask walks between tombstones at the Zentralfriedhof cemetery on an autumn day ahead of All Saints Day in ViennaREUTERS
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Die Zahl liegt zudem 58 Prozent über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Für den IHS-Gesundheitsökonom Thomas Czypionka ein Zeichen, dass der Lockdown zu spät kam.

Die Corona-Pandemie schlägt sich auch in der offiziellen Sterbefallstatistik nieder - und zwar deutlich. Für die Woche vom 16. bis 22. November hat die Statistik Austria am Donnerstag 2431 Todesfälle gemeldet. Seit 1978 sind in einer einzigen Woche nicht mehr so viele Menschen gestorben. Damals (vom 20. bis 26. Februar) waren es 2516 Tote. In Summe sind heuer in den ersten 47 Wochen 77.662 Personen gestorben - um 6,5 Prozent mehr als im Durchschnitt der Jahre 2015 bis 2019.

Die am Donnerstag für die 47. Kalenderwoche 2020 gemeldeten 2431 Todesfälle liegen um 58 Prozent über dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) weist für diese Woche 568 Todesfälle mit einer Covid-Infektion aus. Den höchsten Wert in der jüngsten Vergangenheit gab es Anfang 2017 mit 2340 Todesfällen (9. bis 15. Jänner). Damals grassierte eine besonders heftige Grippewelle in Österreich.

Deutlich mehr Männer

Wie Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas in einer Aussendung sagte, betraf der Zuwachs bei den Sterbefällen in den ersten 47 Wochen 2020 Männer (mit plus 9,4 Prozent) deutlich stärker als Frauen (plus 3,9 Prozent).

Der Auswertung zufolge gab es zwar schon in der ersten Aprilhälfte sowie ab Mitte September einige Kalenderwochen, in denen die Sterbefälle leicht über der Bandbreite der vergangenen fünf Jahre lagen. Eine "besorgniserregende Entwicklung" macht die Statistik Austria aber erst ab 19. Oktober aus, wo ein wöchentlicher Anstieg der Sterbefälle verzeichnet wird.

Mehr Fälle auch in Pflegeheimen

Deutlich angestiegen sind seit Mitte Oktober auch die Todesfälle in den Pflegeheimen. In Summe weist die Statistik Austria für 2020 bisher 19.447 Sterbefälle in Pflegeanstalten, Pensionistenheimen und Behinderteneinrichtungen aus (Stand 22. November). Das sind um fünf Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Allein seit 19. Oktober waren es aber 2.727 Menschen - ein Plus von 36 Prozent gegenüber 2019.

Der Anstieg der Todesfälle in den Pflegeheimen erfolgte parallel zum Anstieg der Todesfälle in der Gesamtbevölkerung: Auch hier starben in den fünf Wochen vom 19. Oktober bis zum 22. November (mit 10.380) um 36 Prozent mehr Menschen als im Durchschnitt des selben Zeitraums der vergangenen fünf Jahre.

Am größten ist der Zuwachs bei den Todesfällen von 19. Oktober bis 22. November in Kärnten (plus 54 Prozent) ausgefallen, am geringsten in Wien (plus 24 Prozent). Aber auch in der Steiermark (plus 46), in Oberösterreich (plus 44), in Vorarlberg (plus 43) und in Tirol (plus 42) gab es einen überdurchschnittlich hohen Zuwachs der Sterbefälle. Im Burgenland (plus 32), in Niederösterreich (+28) und in Salzburg (+26) viel dieser etwas geringer aus.

Lockdown zu spät?

Der Gesundheitsökonom des Instituts für Höhere Studien (IHS), Thomas Czypionka, geht angesichts der hohen Todesfallzahlen davon aus, dass der Lockdown zu spät gesetzt wurde. "Man hätte den Lockdown früher machen müssen", sagte Czypionka am Donnerstag. Klar ist aus seiner Sicht allerdings auch, dass die Sterbefälle ohne die Covid-Maßnahmen deutlich höher liegen würden.

Bei der ersten Infektionswelle im Frühjahr sei die Übersterblichkeit wegen des frühen Lockdowns im Rahmen geblieben. Jetzt gebe es eine relativ hohe Übersterblichkeit in Österreich, "weil man ein bisschen zu spät reagiert hat". Etwa ein oder zwei Wochen zu spät, meint der Ökonom. "Der Lockdown ist gekommen, als man gesehen hat, dass die Zahlen deutlich höher als die Prognosen sind-“ Deutschland habe vergleichsweise früher reagiert. Außerdem habe sich Deutschland besser auf den Herbst vorbereitet.

Allerdings plädiert Czypionka dafür, nicht ausschließlich auf die Sterbefälle zu achten, sondern auch auf die Spätfolgen für die wieder gesundeten Patienten. "Gerade bei jüngeren Menschen sind Spätfolgen möglich", verweist der Gesundheitsexperte auf das Phänomen des "Long Covid", also Fälle mit schweren Nachwirkungen. Viele Patienten seien auch nach der Erkrankung deutlich in ihrer Fitness eingeschränkt. Aber auch die Anfälligkeit für andere Infektionskrankheiten könne steigen. Man dürfe daher "nicht nur auf die Übersterblichkeit schauen".

(APA)

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