Wiens Bürgermeister Ludwig, die SPÖ-Frauen sowie SoHo werfen dem Kanzler vor, mit seinen Aussagen zu Reiserückkehrern den Zusammenhalt im Land zu „vergiften“.
Scharfe Kritik haben am Donnerstag Vertreter der SPÖ an der Aussage von ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz geübt, wonach Rückkehrer „vor allem aus dem Westbalkan“ das Coronavirus „wieder eingeschleppt“ hätten.
Im Zuge eines Medientermins übte Wiens Bürgermeister Michael Ludwig Kritik an Kurz: „Es ist mir auch deshalb unverständlich, weil das sehr oft auch Menschen sind, die bei uns in Wien, aber in Österreich generell, ja gerade oft in der kritischen Infrastruktur tätig sind. In Krankenhäuser, Spitälern, Pflegeeinrichtungen. Ohne jene Menschen wäre es wahrscheinlich gar nicht möglich, dass wir diese infrastrukturellen Einrichtungen am Laufen halten."
Von daher finde er den Bezug auf die Herkunftsländer als unrichtig, „denn es haben sich natürlich sicher auch Menschen angesteckt haben, die auf Urlaub waren unabhängig ob sie einen Familienbesuch zu erledigen gehabt haben oder sonst unterwegs waren.“ Er, Ludwig, würde sich erwarten, wenn man eine solche Analyse treffe, dass man dann beispielsweise an den Grenzen Testungen vornehme. "Ein Stigmatisieren von Bevölkerungsgruppen halte ich gerade in einer Krisensituation für nicht gut.“ Weiters würde sich Ludwig endlich eine Einbindung in das Krisenmanagement des Bundes wünschen. "Ich werde nicht müde zu erwähnen, dass wir in Wien leider immer aus den Medien erfahren, welche Schritte vorgesehen sind oder knapp vor einer Pressekonferenz." Er, Ludwig, glaube, dass es die Schlagkraft der Politik insgesamt erhöhen würde, wenn man über die Parteigrenzen hinweg kooperiere würde und auch die Sozialpartner stärker einbeziehe.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) verwies am Rande eines Medientermins in der Wiener Stadthalle darauf, dass Cluster tatsächlich durch Reiserückkehrer entstanden seien: "Das ist Realität." Man habe auch damit gerechnet, dass erhöhte Reisetätigkeit zu steigenden Infektionszahlen führen werde. Er werde aber keine Schuldzuweisungen machen, versicherte der Minister. Denn jeder, der erkranke, sei Opfer des Virus, nicht Täter.
SPÖ-Frauen: Kurz „vergiftet den Zusammenhalt im Land“
Zuvor hatten bereits die SPÖ-Frauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek und Mario Lindner, Vorsitzender der sozialdemokratischen LGBTIQ-Organisation SoHo, Hetze in den Aussagen Kurz' geortet und eine Entschuldigung des Kanzlers gefordert.
„Er vergiftet damit den Zusammenhalt in unserem Land“, sagten Heinisch-Hosek und Lindner in einer gemeinsamen Aussendung. Die Corona-Krise werde vor allem von Frauen mit Migrationsbiographien gestemmt, die als Krankenschwestern, Pflegerinnen und im Handel arbeiteten. „Statt diesen Frauen die Wertschätzung und Würdigung, die sie verdient haben, zukommen zu lassen, macht Kurz sie zu Sündenböcken für den dramatischen Anstieg der Infektionszahlen in Österreich“
(Red.)