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Massentests: Vorgehen für Tiroler Experten "grober Unfug"

CORONA: CORONA-MASSENTESTS IN TIROL - AXAMS
CORONA: CORONA-MASSENTESTS IN TIROL - AXAMSAPA/EXPA/ERICH SPIESS
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Ein Tiroler Immuologe halte die Massentests für "ungeeignet, um Infektionsketten zu durchbrechen". Für die Testung im Land Salzburg wird es keine Voranmeldung geben.

Florian Deisenhammer, Arbeitsgruppenleiter für Neuroimmunologie an der Universitätsklinik Innsbruck, übt scharfe Kritik an den bundesweiten Corona-Massentests und spricht von "politischem Aktionismus". Er halte die Massentests für "ungeeignet, um Infektionsketten zu durchbrechen". Die Zuverlässigkeit von Antigentests an Gesunden sei nicht gesichert und das Risiko falscher Ergebnisse - positiv wie auch negativ - zu groß, sagte der Experte im Interview.

So sei möglich, dass beinahe die Hälfte der Getesteten fälschlich negative Ergebnisse erhalten wird. Zu diesem Schluss kommt eine systematische Analyse der Cochrane Gruppe, erklärte Deisenhammer. "Hier wird viel Geld für wenig Informationsgewinn investiert", kritisierte der Mediziner, der auch zu SARS-CoV-2-Antikörpern und der Immunantwort in Folge einer Corona-Infektion forscht.

Zudem müsse man die Inkubationszeit mitberücksichtigen: "Diese beträgt im Schnitt einige Tage, erst dann ist der Virus nachzuweisen, was heißt, das sehr frisch Infizierte nicht detektiert werden". Auch mit falsch-positiven Ergebnissen sei zu rechnen.

Er bemängelte ferner, dass die "diagnostische Sensitivität der Studienergebnisse in diesem Setting nicht einschätzbar" sei – sprich, ein Test verwendet werde, "dessen Zuverlässigkeitsdaten sich auf Untersuchungen bei erkrankten Personen" beziehe. "Überstürzt" sei die großangelegte Testaktion daher, denn es wurde verabsäumt, "die Aussagekraft der Ergebnisse in einer Stichprobe im Voraus zu testen". Zusätzlich müsse man den Selektionsfehler ("selection bias") beachten. Es sei davon auszugehen, dass vor allem Risikogruppen den Massentests fernbleiben.

"Ich denke nicht, dass die geplanten Corona-Massentests in dieser Form dazu geeignet sind, die Infektionsketten zu durchbrechen", so das Fazit des Experten, "das Setting ist mit bisherigen medizinischen und wissenschaftlichen Erkenntnissen unvereinbar". Er habe sich mit einem Schreiben bereits an das Gesundheitsamt gewandt, um seine Bedenken mitzuteilen, aber bis dato keine Reaktion erhalten.

Keine Testvoranmeldung im Land Salzburg

Für die Corona-Massentestung im Land Salzburg, die in rund 370 Testlokalen in den Gemeinden ähnlich wie bei Landtagswahlen am 12. und 13. Dezember über die Bühne geht, wird es keine Voranmeldung geben. Die Stadt Salzburg prüft derzeit noch, ob eine Anmeldung für die Massentests am 11. und 12. Dezember, die an den drei Teststationen Kongresshaus, Messezentrum und Terminal zwei am Flughafen stattfinden, sinnvoll sowie technisch und organisatorisch machbar ist.

Am kommenden Montag werde dazu eine finale Beratungsrunde mit Einsatzkräften stattfinden, erklärte am Donnerstag ein Sprecher der Stadt Salzburg. "Wir sind in der finalen Planungsphase."

Das Motto der Verantwortlichen in der Stadt und am Land lautet: Die freiwillige Testung soll für den Probanden möglichst einfach und ohne großen Aufwand erfolgen. Vermutlich wird es deshalb auch in der Stadt keine Voranmeldung geben. Falls doch, dann offenbar nur im Internet, nicht telefonisch. Die Zusendung eines Formulars per Post mit einem Strichcode, den man zum Test zwecks Registrierung mitnimmt, gilt bereits jetzt als eher ausgeschlossen.

Auf dem Land wird ebenfalls ein barrierefreier Zugang zum Massentest groß geschrieben. "Die Teilnahme soll so einfach wie möglich gewährleistet ein", sagte ein Sprecher des Landes. Eine Erleichterung gibt es für Internet-User. Ab morgen, Freitag, kann das Registrierungsblatt für den Test, der am Testtag im Testlokal aufliegt, von der Homepage des Landes heruntergeladen und ausgedruckt werden, um es schon zu Hause ausfüllen zu können. Das ermögliche einen rascheren Testablauf, wenn das bereits ausgefüllte Registrierungsblatt zum Test mitgenommen wird.

Das Land appelliert zudem an all jene Personen, die in den vergangenen drei Monaten positiv auf das Coronavirus getestet worden sind, nicht an der Massentestung im Dezember teilzunehmen. So werde ein zusätzlicher behördlicher Aufwand verhindert. Denn es bestehe die Wahrscheinlichkeit, dass bei bereits genesenen Personen noch ein Restviruslast vorhanden sei und der Betroffene zunächst erneut abgesondert, dann aber die Absonderung wieder aufgehoben werde.

Die oberösterreichische Bevölkerung kann sich ab 7. Dezember für den Corona-Antigentest online für einen bestimmten Termin anmelden. Für alle jene, die keinen Internetzugang haben, besteht die Möglichkeit, direkt zu einer der 150 Teststationen zu kommen. Eine telefonische Anmeldung sei nicht vorgesehen, hieß es weiters aus dem LH-Büro.

Im Burgenland ist eine telefonische Anmeldung zum Massentest derzeit ebenfalls nicht vorgesehen. Das System sei auf eine elektronische Anmeldung ausgelegt, so eine Sprecherin des Koordinationsstabs Coronavirus.

Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) gab am Donnerstag bekannt, dass nun von Bundesseite an der Errichtung einer mehrsprachigen Telefonhotline gearbeitet werde. Der Pensionistenverband Österreichs hatte zuvor auf einen niederschwelligen Zugang und damit alternative Anmeldemöglichkeiten gedrängt.

(APA)

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