Berg-Karabach

Mehr als 4500 Gefallene im Krieg Armenien - Aserbaidschan

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Die offiziellen Opferzahlen des 44-tägigen Kriegs, der im November mit einer de-facto-Niederlage der Armenier endete, sind ungewöhnlich hoch. Aserbaidschan feiert am 10. Dezember mit einer Militärparade.

Der 44-tägige Krieg zwischen Armenien und Aserbaidschan von Ende September bis Mitte November um die Region Berg-Karabach, die Exklave Armeniens auf aserischem Gebiet, hat aktuellen Daten beider Kriegsparteien zufolge auffallend hohe Verluste verursacht: Die Aseris sprachen am Donnerstag von mindestens 2783 Gefallenen auf ihrer Seite, mehr als 100 Soldaten würden noch vermisst, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. 1245 Verletzte würden weiterhin behandelt, was auf viele schwere Verletzungen - auch mit Langzeitfolgen - hindeutet.

Das moslemische Land hatte zuvor mit Verweis auf Zensur während des Kriegsrechts keine Zahlen preisgegeben. Der Kriegsgegner, das christliche Armenien, hat zuletzt 1746 getötete Soldaten gemeldet. Damit stieg die Gesamtzahl auf mindestens 4529. Die Angaben sind zwar bisher nicht objektiv überprüfbar, allerdings tendieren kriegsführende Parteien, vor allem als Sieger, eher nicht dazu, ihre Verluste zu übertreiben.

Die Zahl der zivilen Opfer ist indes unklar. Man muss wohl von mehr als 150 Toten ausgehen.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London spricht zusätzlich von mehr als 500 syrischen Söldnern, die auf aserischer Seite gefallen seien. Baku dementiert den Einsatz von Ausländern. Ob diese Syrer in die amtliche Verlustliste eingerechnet sind, ist unklar. Überdies sind die Angaben dieser Beobachtungsstelle auch nicht unzweifelhaft. Die Teilnahme syrischer Truppen wurde allerdings von mehreren Seiten und auch durch fremde Geheimdienste behauptet.

Die Türkei feiert mit

Der Krieg hatte am 10. November durch Vermittlung vor allem Russlands in einen Waffenstillstand mit erweiteren Folgeregelungen gemündet, die für Armenien sehr ungünstig sind. Russische Truppen bewachen die Waffenstillstandslinie an kritischen Orten. Aserbaidschan sieht sich als Sieger, tatsächlich wurden die Armenier an den wichtigsten Frontabschnitten besiegt und überrannt, und laut Vertrag muss Armenien große Teile Berg-Karabachs und des ringsum bisher okkupierten Gebietes abtreten.

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Am 10. Dezember soll es in Baku eine große Militärparade als Siegesfeier geben, an der auch der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan, teilnehmen wird, berichtete die unabhängige aserbaidschanische Nachrichtenagentur Turan. Die Türkei hatte Aserbaidschan seit Jahren aufgerüstet und im Krieg vermutlich auch logistisch, mit Aufklärungsinformationen und Verbindungsoffizieren unterstützt.

„Vaterländischer Krieg"

Das Präsidentenamt in Baku erklärte, der zweite Karabach-Krieg gehe in die Geschichte als „Vaterländischer Krieg" ein, in dem Karabach nach "fast 30-jähriger armenischer Okkupation (...) befreit wurde". Staatschef Ilham Aliyev erklärte den 8. November zum "Tag des Sieges", der künftig jährlich gefeiert werde. An dem Tag war die strategisch wichtige Stadt Shusha erobert worden. Danach hatte Armenien praktisch kapituliert in dem von Russland vermittelten Abkommen.

Seither kommt es in der armenischen Hauptstadt Jerewan immer wieder zu Protesten mit Rücktrittsforderungen gegen Regierungschef Nikol Paschinian. Er sieht sich als "Verräter" in der Kritik, weil er mit Russlands Präsident Wladimir Putin und Aliyev in dem Abkommen auch die kampflose Übergabe größerer Gebiete an Aserbaidschan zusicherte. Am Samstag sind neue Massenproteste in Jerewan geplant.

(APA/DPA/wg)

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