Prothesen im Hirn sollen Blinde wieder sehend machen

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Symbolbild.(c) imago images/Cavan Images
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Neurowissenschaftler in Amsterdam berichten von Erfolgen an Äffchen.

Schon vor über 70 Jahren entdeckten Hirnforscher, dass elektrische Stimulation im visuellen Kortex bei den Versuchspersonen die Wahrnehmung eines kurzen, aber im Raum verorteten Lichtblitzes, eines sogenannten Phosphens, erzeugt. Auf diesem Effekt beruht das Konzept von Prothesen aus ins Hirn implantierten – und dieses stimulierenden – Elektroden, die Erblindeten wieder eine Art von Sehen ermöglichen sollen. Das funktioniert im Prinzip so: Eine auf dem Kopf montierte Kamera fotografiert einen Gegenstand – oder, in einer Weiterentwicklung, eine ganze Szene –, ein Computer übersetzt dieses Foto in ein Muster, dem folgend die Elektroden im Hirn aktiviert werden. Aus den so provozierten Phosphenen soll ein räumliches Bild des zu sehenden Gegenstands entstehen.

Neurophysiologen um Pieter Roelfsema (Amsterdam) berichten in Science (370, S. 1191), dass ihnen ein Schritt gelungen sei. Allerdings an Äffchen, Makaken, denen Implantate aus 1024 Elektroden in den visuellen Kortex gesetzt wurden. Wobei man sich gleich fragt: Woher wissen die Forscher, was die Äffchen sehen? Diese können es ihnen ja nicht sagen. So wurden die gelehrigen Äffchen trainiert, zunächst auf echte visuelle Reize mit Bewegungen der Augen zu reagieren. Dann wurden diese Reize durch generierte Phosphene ersetzt. Erst waren das nur Punkte, dann Linien, dann einfache Formen wie die Buchstaben T und L, die sich dann auch noch bewegten. Die Makaken hätten all das wahrgenommen, schreiben die Forscher – und ein Science-Kommentator sieht bereits „nach Jahrzehnten von Fehlstarts eine helle Zukunft für kortikale visuelle Prothesen“. (tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2020)

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