Steuerreform

Autoindustrie: „Opfer der grünen Regierungsbeteiligung“

Für den Lieferwagen Fiat Ducato müssen Firmen ab 2021 6206,90 Euro mehr bezahlen.
Für den Lieferwagen Fiat Ducato müssen Firmen ab 2021 6206,90 Euro mehr bezahlen.REUTERS
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Der erste Teil der ökologischen Steuerreform bringt ab Juli 2021 eine Erhöhung der NoVA. Das verteuere alle Autos, klagt die Industrie.

Wien. „Die Stinker werden teurer“, hatte Vizekanzler Werner Kogler Ende November recht plakativ gemeint, als die Grünen eine Neuordnung der Normverbrauchsabgabe (NoVA) präsentierten, die beim Kauf von Neuwagen fällig wird. Nicht nur die großen Stinker werden teurer, auch die kleinen – eigentlich fast alle, kritisierten am Donnerstag dagegen Vertreter der Automobilwirtschaft und der Autofahrerklubs.

Die NoVA wird nach den Plänen von Umweltministerin Eleonore Gewessler (Grüne) im kommenden Jahr in zwei Schritten angehoben: Einmal ab 1. Jänner und dann am 1. Juli 2021, wenn die neuen Anpassungen fällig werden, die ein Teil der ökologischen Steuerreform sind. Nach diesen Plänen steigt die NoVA kontinuierlich weiter bis ins Jahr 2024.

Auch Kleinwagen werden teurer

Wie sehr, rechnete Martin Grasslober, Leiter der Verkehrswirtschaft beim ÖAMTC, vor. Für einen Škoda Superb Kombi (Diesel) mit 150 PS zahle man aktuell 590 Euro NoVA, bis 2024 steige sie auf 1530 Euro. Selbst der Kleinwagen Hyundai i10 (100 PS, Benzin), für den derzeit keine NoVA anfalle, verteuere sich bis 2024 um 424 Euro. Die NoVA für einen Ford Galaxy Minivan (150 PS, Diesel), besonders beliebt bei Familien, steige von 2848 Euro auf 3203 Euro im kommenden Jahr und auf 4750 Euro im Jahr 2024.

Besonders teuer wird es für Unternehmer, weil künftig auch für Nutzfahrzeuge bis 3,5 Tonnen eine NoVA fällig wird. Ein Fiat Ducato Lieferwagen wird somit ab 1. Juli 2021 um 6206,90 Euro teurer, ein Iveco-Pritschenwagen kostet 2024 gar um 17.630 Euro mehr als heute. Durch diesen Schritt komme es zu einer Mehrbelastung in erster Linie der Klein- und Mittelunternehmen „von konservativ gerechnet rund 150 Millionen Euro“, erklärte Günther Kerle, Sprecher der österreichischen Automobilimporteure.

Man sei von der Initiative völlig überrascht worden, klagte Kerle. „Wir wussten nichts davon, man ist über uns drübergefahren“, ergänzte Klaus Edelsbrunner, Bundesgremialobmann des Fahrzeughandels in der Wirtschaftskammer. Er bezeichnete die Autoindustrie als „das Bauernopfer der grünen Regierungsbeteiligung“. Für Kerle ist es „sehr, sehr verwunderlich“, dass sich die ÖVP dazu hergebe, die Wirtschaft zu belasten. Diese Belastung durch höhere Autopreise wegen der Fälligkeit der NoVA werde am Ende auf jeden Fall beim Kunden landen.

Die Reform der NoVA sei weder „sozial noch ökologisch noch fair“, urteilte Sebastian Obrecht vom Automobilklub Arbö. Gerade jene Kundengruppe, die sich neue Autos nicht mehr leisten könne, werde mit den alten Fahrzeugen weiterfahren, wodurch wichtiges CO2-Einsparungspotenzial ungenützt bleibe, so Edelsbrunner.

Die Autoindustrie sei ohnehin schon angeschlagen, einerseits durch die Coronakrise – die Neuwagenkäufe seien bis November um 27 Prozent zurückgegangen –, andererseits wegen des technologischen Wandels. „Was wir jetzt nicht brauchen, sind neue Steuern“, meinte Kerle.

Arbö-Sprecher Obrecht meinte, dass die Regierung ihr Versprechen gebrochen habe, keine neuen Steuern einzuführen. Generell treffe es immer die Autofahrer, deren Abgaben (von Mineralölsteuer bis jetzt zur NoVA-Erhöhung) seit 2004 insgesamt 15 Mal erhöht worden seien.

„Klimaschutz verschlafen“

Zur Verteidigung der Maßnahme rückten Umweltorganisationen aus. Große Teile der Autoindustrie hätten den Klimaschutz verschlafen, umweltschädliche Fahrzeuge produziert und beworben, meinte Global 2000. In den vergangenen fünf Jahren sei die Fahrzeugflotte in Österreich wegen des Trends zu „dicken SUVs“ klimaschädlicher statt klimafreundlicher geworden.

Mittlerweile gebe es in allen Fahrzeugkategorien emissionsärmere Modelle, somit könne man beim Neukauf auf ein steuerlich günstigeres Fahrzeug zurückgreifen. (rie)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.12.2020)

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