Roman

Ali Smith: Kein Winter wie damals

Ali Smith
Ali Smith (c) imago/Pacific Press Agency (Matteo Nardone)
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Im zweiten Band ihres Jahreszeiten-Zyklus kreuzt die schottische Autorin wieder politische mit menschlichen Themen, diesmal Fremdheit und Familie.

Vier Menschen treffen zur Weihnachtszeit in einem verfallenden Herrenhaus in Cornwall zusammen: Sophia, eine alternde, ehemals erfolgreiche Vertreiberin von Deko-Artikeln; ihre Schwester Iris, eine Berufs-Revoluzzerin, mit der Sophia seit Jahren verfeindet ist; Sophias Sohn Art, ein weltfremder Copyright-Prüfer und Natur-Blog-Verfasser; und Lux, ein geheimnisvolles Mädchen, das Art an einer Bushaltestelle trifft und anheuert, für drei Tage seine Freundin zu spielen. 

Die große schottische Autorin Ali Smith setzt mit „Winter“ ihren Jahreszeiten-Zyklus fort, der in Großbritannien bereits zur Gänze erschienen ist und begeistert aufgenommen wurde. Smith wagt sich damit an ein literarisches Experiment. Jedes Buch entstand innerhalb eines Jahres und liefert eine Momentaufnahme aktueller Themen der britischen Gesellschaft. In „Herbst“, 2019 auf Deutsch herausgebracht, ging es vor allem um den Brexit.

In „Winter“ wirkt die dadurch entstandene Spaltung der britischen Gesellschaft in den politisch gänzlich konträr aufgestellten Figuren Sophias und Iris’ nach. In den Vordergrund tritt hier aber die Aufnahme Fremder im allgemeinen und die Haltung zur Einwanderung im besonderen. Die Verkörperung dieses Fremden ist die junge Lux, die aus einer geflüchteten kroatischen Familie stammt und in Kanada aufgewachsen ist. Dennoch ist es gerade Lux (schon der Name, „Licht“, ist Programm), die die eingefrorenen Seelen von Sophia und Art schmelzen lässt und die beiden verfeindeten Schwestern so weit bringt, dass sie, wie in ihrer Kindheit, eng umschlungen einschlafen. Auch wenn sie sich dabei zuflüstern: „Ich hasse dich.“ – „Ich hasse dich auch.“

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