Leitartikel

Karl-Heinz Grassers Schuldspruch: Ein Prozess als Zustand

GRASSER PROZESS: URTEILSVERKUeNDUNG - GRASSER
GRASSER PROZESS: URTEILSVERKUeNDUNG - GRASSERAPA/ROLAND SCHLAGER
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Das erstinstanzliche Urteil über den früheren Finanzminister zeigt, dass die Justiz gerade für die in der Öffentlichkeit wichtigsten Fälle schlecht gerüstet ist.

Karl-Heinz Grasser ist also schuldig, zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Das steht, nach einem fast genau dreijährigen Verfahren im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts, mitnichten fest. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Das Verfahren gegen den früheren Strahlemann und Finanzminister einen Prozess zu nennen, trifft die Sache nur formal richtig. Eigentlich ist es ein Zustand: Die Justiz ist nicht in der Lage, komplexere Wirtschafts- und Korruptionsstrafverfahren in angemessener Zeit abzuhandeln, obwohl das für die politische Hygiene und die Rechtstreue im Land so wichtig wäre wie Händewaschen in der Pandemie. Wenn ein Regierungsmitglied sich öffentliches Geld in die eigene Tasche stopft, muss es sofort Sanktionen geben. Nicht Jahrzehnte nach der Buwog-Privatisierung, die jetzt abgehandelt wurde.

Die Beteiligten haben ihr Bestes gegeben. Richterin Marion Hohenecker hat das Schöffenverfahren souverän geleitet, den von der Verteidigung angeprangerten Verdacht einer Befangenheit glaubwürdig zerstreut. Aus ihrem engsten privaten Umfeld hatte es Grasser-kritische Äußerungen gegeben, doch die Vorsitzende hat gezeigt, dass sie zu keiner Seite neigte. Die Anwälte haben – nicht nur mit Befangenheitsanträgen – alles versucht, Grasser und Co. freizubekommen. Und dabei schon wegen der enormen Dauer des Verfahrens sehr gut verdient. Auf der anderen Seite haben die beiden Staatsanwälte sich derart in den Fall verbissen, dass auch Nebensächlichkeiten feinst zerkaut wurden.

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