Rudolf Sarközi: "Das ist eine Schande"

Rudolf Sarkoezi eine Schande
Rudolf Sarkoezi eine Schande(c) AP
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Roma-Vertreter Rudolf Sarközi verlangt, dass Österreichs Politiker ihre Stimme erheben. Seine Verwandtschaft mit Sarkozy sei Spekulation.

Haben Sie damit gerechnet, dass Ihre Kritik an der Roma-Politik des französischen Präsidenten so großes Aufsehen erregt?

Rudolf Sarközi: Eigentlich nicht. Aber dass „Le Monde“ über meine Kritik berichtete, hat natürlich eine große Wirkung gezeigt. Und gerade jetzt vor unserem Gespräch wurde ich vom französischen Fernsehen interviewt.

Hat das Aufsehen um Ihre Kritik an Sarkozy auch mit der Namensgleichheit zu tun? Es gibt ja Spekulationen, Sie könnten mit dem französischen Präsidenten verwandt sein.

Spekulationen sind zulässig. Ich kann nicht beweisen, dass wir verwandt sind, und ich will es nicht behaupten: Aber ich heiße Sarközi und er auch, auch wenn er sich anders schreibt. Wo der Name herkommt, ist klar: Es ist ein typischer Roma-Name, auch wenn er durch Heirat mittlerweile an Nicht-Roma weitergegeben wurde. Ich habe die Urkunde meines ungarischen Vorfahren Martin Sarközi, dass er frei umherziehen, seine Leute befehligen und seinem Gewerbe nachgehen durfte. Es gibt Schriftsteller in Ungarn, die Sarközi heißen und aus dem Bereich meiner Familie kommen. Ich habe dem französischen Präsidenten mein Buch geschickt, damit er sieht, was ich mache, und darauf eine sehr nette Antwort aus seinem Büro bekommen.

Die von Ihnen kritisierte Räumung von Roma-Siedlungen in Frankreich geht weiter.

Natürlich kann man solche sogenannten Lager nicht bestehen lassen. Wenn man sieht, in welcher Armut diese Leute leben, ist das ja eine Schande für jedes Land. Aber wenn man diese illegalen Unterkünfte wegräumt, sollte man den Menschen Quartiere zur Verfügung stellen. Dadurch, dass die Betroffenen Bürger osteuropäischer Länder sind, macht man es sich leicht und schiebt die Menschen einfach ab.

Italiens Innenminister will nach dem Vorbild Frankreichs jetzt auch weitere osteuropäische Roma abschieben. Ist das eine neue Tendenz in Europa?

Neu ist das nicht. Das Ganze hat ja schon vor Jahren begonnen. Bevor noch Tschechien und die Slowakei in die EU gekommen sind, wurde den tschechischen und slowakischen Roma „Gipsy“ in den Pass gestempelt, und sie hatten Einreiseverbot in Großbritannien. Natürlich ist es heute leicht, Sarkozy oder Berlusconi am Zeug zu flicken, weil sie ohnehin schon angepatzt sind. Aber wer sagt etwas gegen Frau Merkel, wenn aus Deutschland zehntausende Roma in den Kosovo abgeschoben werden, wo sie absolut nichts mehr vorfinden?

Was erwarten Sie von der Politik?

Hat man von irgendeinem österreichischen Minister eine Stellungnahme gehört? Etwa eine Aufforderung: Kollege Sarkozy und Kollege Berlusconi, so kann das nicht gehen? Hat unser EU-Kommissar Gio Hahn dazu etwas gesagt? Wir in Österreich sind heute die einzigen Roma in Europa, die gesetzlich voll anerkannt sind. Das ist zum Herzeigen. Ich erwarte mir auch von unseren Politikern jetzt eine Reaktion. Ich bin ein einfacher Bezirksrat und kann nicht so viel bewirken. Die europäischen Politiker müssen gemeinsam mit Roma-Vertretern auf einer Augenhöhe nach Lösungen suchen.

Sie haben auch einen eigenen EU-Minderheitenkommissar gefordert.

Dazu stehe ich nach wie vor. Ich habe Barroso geschrieben, bevor er seine Kommission zusammengestellt hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.08.2010)

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