Push-backs

Druck auf Frontex-Chef nimmt zu

Im EU-Parlament konnte Leggeri Vorwürfe nicht entkräften
Im EU-Parlament konnte Leggeri Vorwürfe nicht entkräftenimago images/Reiner Zensen
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Im EU-Parlament konnte Leggeri Vorwürfe nicht entkräften, dass Frontex-Beamte an illegalen Rückweisungen in der Ägäis beteiligt gewesen seien.

Wien. Immer wieder hakten die Abgeordneten nach, doch Fabrice Leggeri blieb vage. Beim Austausch des EU-Innenausschusses mit dem Frontex-Direktor am vergangenen Dienstag blieb die eine, wesentliche Frage unbeantwortet: Waren Beamte der EU-Grenzschutzagentur bei illegalen Push-backs in der Ägäis beteiligt? Leggeri bestreitet dies. Dafür gebe es keine Beweise, sagte er in der Videoschaltung mit den EU-Abgeordneten. Schon Ende Oktober hatten unter anderem „Der Spiegel“ und das ARD-Magazin „Report Mainz“ berichtet, dass griechische Grenzschützer Schlauchboote mit Migranten an Bord in Richtung Türkei zurückgetrieben hätten, und beriefen sich dabei auf Videoaufnahmen. Den Berichten zufolge waren seit April 2020 bei mehreren dieser Aktionen Frontex-Beamte zumindest in der Nähe. In einem Fall soll ein Frontex-Schiff ein überladenes Boot mit Migranten zunächst blockiert, die Insassen aber nicht aufgenommen haben. Die griechische Küstenwache habe das Boot später weiter in Richtung Türkei zurückgeschoben. Leggeri bestätigte zwar, dass die Schiffe an den fraglichen Tagen tatsächlich im Einsatz waren. „Aber es gibt keine Beweise, dass sie an Push-back-Aktivitäten beteiligt waren“, sagte er den EU-Abgeordneten.

Rücktritt gefordert

Für den Italiener geht es um viel. Die sozialdemokratische Fraktion im EU-Parlament fordert bereits seinen Rücktritt. Die Grünen wollen einen Untersuchungsausschuss in der Causa einsetzen: Die Beweislage sei „erdrückend“, so der Abgeordnete Erik Marquardt.

Auch die EU-Kommission verlangt eine lückenlose Aufklärung der Vorfälle. Sollte es stimmen, dass Frontex-Beamte an der Zurückweisung von Flüchtlingen beteiligt waren, wäre das „vollkommen inakzeptabel“, erklärte Innenkommissarin Ylva Johansson. Leggeri müsse „die volle Verantwortung übernehmen und eine Antwort auf die Frage präsentieren, was wirklich passiert ist.“

Laut internationalem Recht sind Push-backs an der Grenze illegal: Wenn eine Person klarmacht, dass sie einen Asylantrag stellen will, ist der jeweilige Staat dazu verpflichtet, das Gesuch zu überprüfen. Die einzige Ausnahme laut Dublin-Verordnung ergibt sich, wenn die Person bereits in einem anderen EU-Land registriert wurde. Dann kann sie dorthin zurückgeschoben werden. (aga/ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2020)

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