Kommentar

Nach dem Shoppen ein Gebet: Was für eine Provokation!

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP)
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) APA/HERBERT NEUBAUER
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Mariä Empfängnis, eigentlich ja ein gesetzlicher Feiertag, soll nach dem Einkauf-Hype mit einer parlamentarischen Gebetsfeier enden.

Wenn Doris Bures mahnt, muss Gravierendes geschehen sein. Ihre Zeiten in der SPÖ-Zentrale sind lang vorbei, als zweite Nationalratspräsidentin ist sie eine der ranghöchsten Repräsentantinnen der Republik und hat Chance, dereinst als Kandidatin in ein Rennen um das Amt des Bundespräsidenten zu gehen. Entsprechend besonnen agiert sie üblicherweise. Österreich müsse „aufgrund seiner Geschichte sehr sensibel mit dem Thema der Trennung von Staat und Religion umgehen“. So Bures vor ein paar Tagen.

Der Grund ihrer Besorgnis: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, die gleichfalls türkise Bundesratspräsidentin Andrea Eder-Gitschthaler und das überparteiliche Komitee des Nationalen Parlamentarischen Gebetsfrühstücks – ja, das gibt es, abgekupfert aus den USA – erlauben sich, am Mariä-Empfängnis-Tag um 18 Uhr zu einer Online-Gebetsfeier einzuladen. Nach dem auch lockdownbedingt erwartbaren Kauf-Hype an diesem eigentlich gesetzlichen Feiertag, wenn die Geschäftseingänge verschlossen sind und die Tageslosung ermittelt ist, soll unter dem Motto „Hoffnung in der Krise“ interkonfessionell und überfraktionell gebetet werden. Was für eine Provokation, wenn Leute der drei monotheistischen Weltreligionen, also Christen, Muslime und Juden, zu dieser Aktion virtuell zusammenkommen! Als ob das Hervorheben von Gemeinsamkeiten, ein Einander-Kennen- und -Respektieren-Lernen nicht Gebot der Stunde wären.

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