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Wenn eine Königstochter mitten in Wien versandelt

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Sanierungsfall Andromedabrunnen: Georg Raphael Donners Erbe abseits des Donnerbrunnens.

So ein Göttersohn hat's auch nicht leicht. Da hat er doch vor gar nicht so langer Zeit dieser schrecklichen Medusa den Kopf abgeschlagen, und schon soll sich Perseus, Sohn des Zeus und der Danaë, dem Meeresungeheuer Ketos entgegenwerfen. Immerhin, zu gewinnen gibt's ein ganzes Königreich, dazu noch die Königstochter, Andromeda, die, an einen Felsen geschmiedet, Ketos geopfert werden soll. Und wie selbstredend attraktiv wir uns die vorstellen dürfen, haben uns etliche Jahrhunderte Kunstgeschichte aufs Prächtigste ausgemalt, in Stein gehauen, in Bronze gegossen.

Oder in Blei. So, wie sie uns der Andromedabrunnen im Innenhof des Alten Rathauses zu Wien, Wipplingerstraße 6–8, imaginiert. Das heißt: zumindest imaginieren will. Denn wie sich ihr Schöpfer, kein Geringerer als Georg Raphael Donner (1693–1741), die Königstochter vorgestellt hat, das lässt sich gegenwärtig allenfalls erahnen. Der rostbraune Ausschlag, der ihre Schenkel überdeckt, kündet weniger von mythischem Liebreiz denn von bodenständiger Vernachlässigung, und selbst wenn wir in Rechnung stellen, dass halt die Götterwelt der Antike in aufgeklärt republikanischen Tagen einiges an Strahlkraft verloren haben mag: So versandelt müsste, was von ihr kündet, trotzdem nicht daherkommen.

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