Quergeschrieben

Michel Houellebecq im Klub der „nicht christlichen Katholiken“

Wer den Franzosen als Romancier schätzt, sollte auch seine Essays lesen. Sie sind ein Antidoton gegen die Idiotie der politischen Korrektheit.

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Nichts ist so unterhaltsam wie der Streit um ein Buch, das niemand gelesen hat“, sagte einmal Hannah Arendt. Klar, wenn man unter „lesen“ das Durchforsten von Texten nach Triggerwörtern versteht, haben alle Literaturkritiker den neuen Houellebecq („Ein bisschen schlechter. Neue Interventionen“, Dumont) mehr oder weniger aufmerksam gelesen. Und sie haben gefunden, was sie suchten. Das „eigentlich Ärgerliche“ an einem der „größten Provokateure der Gegenwart“ sei es, dass er „einen dazu bringt, sich mit ihm zu beschäftigen“, schreibt die „Taz“; „Provokateur? Kleinbürger!“, urteilt die „Süddeutsche Zeitung“. Das linke Feuilleton wirft Houellebecq „Elitenhass“, „Gehässigkeiten gegen das Rauchverbot“, „Klagelieder angesichts der Übermacht der politischen Korrektheit“, „Abneigung gegen die EU“ und „Würdigungen des katholischen Glaubens“ vor. Und dann (oh Horror!) steht da noch sein berüchtigter Essay von 2017 mit dem Titel „Donald Trump ist ein guter Präsident“.

Die regelmäßigen Leser dieser Kolumne wird es nicht überraschen, dass ich das Buch empfehle. Houellebecq lobt Trump, weil er endlich Abschied von den militärischen Interventionen im Ausland nahm, die „seit mindestens fünfzig Jahren eine Aneinanderreihung durch Fehlschläge gekrönter Schandtaten gewesen“ seien. Trump sei gewählt worden, „um die Interessen der amerikanischen Arbeiter zu vertreten“, und „er vertritt die Interessen der amerikanischen Arbeiter“. Trump möge die EU nicht, und auch damit habe er recht, denn „wir haben in Europa weder eine gemeinsame Sprache noch gemeinsame Werte noch gemeinsame Interessen, kurz: Europa existiert nicht, es wird niemals ein Volk und schon gar nicht die Basis einer potenziellen Demokratie (vgl. die Wortherkunft) bilden, und das vor allem, weil es gar kein Volk bilden will.“

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