Champions League

Das Salzburger Fußballjahr steht auf dem Spiel

Mërgim Berisha (l.) hält nach fünf Spielen in der Champions League bei vier Toren.
Mërgim Berisha (l.) hält nach fünf Spielen in der Champions League bei vier Toren. (c) APA/AFP/GABRIEL BOUYS
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Achtelfinale oder gar Europacup-Aus: Salzburg empfängt Atlético Madrid zu einem richtungsweisenden Duell.

Salzburg. Der Ausgang von Salzburgs Champions-League-Gruppenspiel gegen Atlético Madrid (21 Uhr, Sky) wird die weitere Saison von Österreichs Serienmeister bestimmen. Dieser Begegnung werden die im Zusammenhang mit Fußballspielen oft inflationär verwendeten Begriffe „Endspiel“ und „Showdown“ also ausnahmsweise gerecht. Ein Sieg hätte historische Folgen, eine Niederlage könnte folgenschwer sein. Und auch für die heimische Liga mag dieser Abend wegweisend sein.

► Ein Salzburger Sieg über Atlético würde Gruppenplatz zwei hinter den Bayern und den Aufstieg in das Achtelfinale der Champions League bedeuten. Eine rot-weiß-rote Fußballsensation in einer Gruppe mit dem Titelverteidiger und Spaniens Tabellenführer.

„Es ist Zeit für uns, endlich gegen einen Topgegner ein Spiel zu gewinnen“, erklärte Salzburg-Coach Jesse Marsch. Seit Sommer 2019 amtiert der US-Amerikaner in Wals-Siezenheim, seine Truppe war seither nahe dran an den Großen: Starke Leistungen gegen Liverpool, Napoli, Bayern und auch Atlético (2:3) blieben unbelohnt, meist setzte es knappe, manchmal am Ende zu hohe Niederlagen. „Wir haben viel gelernt aus den vergangenen elf Champions-League-Spielen“, meinte Marsch.

Für die notwendigen drei Punkte ist nun eine der aktuell größten Herausforderungen im Klubfußball zu meistern: Tore schießen gegen Atlético Madrid. In der Liga kassierten die Madrilenen in zehn Runden erst zwei Gegentreffer, eine solche Bilanz gab es in Spanien zuletzt 1993. Barcelona wurde geschlagen (1:0), vergangene Woche in der Champions League schafften auch die Bayern keinen Sieg (1:1). Hinzu kommt, dass die Truppe von Diego Simeone in Salzburg nur ein Remis zum Aufstieg benötigt und sich auf das bevorzugte Konter- und Umschaltspiel beschränken wird.

Salzburgs Defensive hingegen schwächelt international (nur Ferencváros Budapest hat nach fünf Spieltagen mehr Gegentreffer kassiert), und neuerdings steht auch die Offensive in der Kritik. Der Meister hat – Rotation hin oder her – mit einem 0:1 bei Schlusslicht Admira die Tabellenführung in der Bundesliga abgegeben. „Wir müssen mehr Chancen kreieren, im Strafraum mehr Entschlossenheit zeigen. Diese Partie wird ganz eng sein von Anfang an. Das Wichtigste ist ein guter Start und das erste Tor“, meinte Trainer Marsch.

Ein Fakt birgt Hoffnung: Nur zwei Teams haben in dieser Saison mehr als ein Tor gegen Atlético erzielt – die Bayern und Salzburg.
Gelingt der Coup, wird Salzburg alle Kräfte für das Achtelfinale der Champions League bündeln. National darf man auf ein offenes Meisterrennen hoffen.

► Schafft Salzburg nur ein Remis oder verliert, braucht es Schützenhilfe, um noch als Dritter in der K.-o.-Phase der Europa League weiterzuspielen. Jene B-Elf der Bayern, die das aus Münchner Sicht nicht mehr bedeutsame letzte Gruppenspiel gegen Lok bestreitet, sollte nicht verlieren – wenngleich ein Sieg der Russen nicht erwartet wird. In der Europa League würde Salzburg zum erweiterten Favoritenkreis zählen, die ersten K.-o.-Runden wären der Papierform nach wohl zu gewinnen.

Eine Kraftanstrengung, die der Bundesliga-Konkurrenz in die Karten spielen würde. Patzen die Bayern und fällt Salzburg tatsächlich auf Platz vier zurück, blieben in dieser Saison nur noch Meisterschaft und Cup. Im Winter könnten Abgänge von Leistungsträgern wohl nicht mehr verhindert werden. In der heimischen Liga würde sich Salzburg früher oder später wieder fangen und wäre kaum aufzuhalten. (joe)

6. Spieltag, Gruppe A: Salzburg – Atlético (21 Uhr, Sky), Bayern – Lok Moskau (21, dazn).
Gruppe B: Real Madrid – Mönchengladbach, Inter Mailand – Schachtar Donezk (je 21, dazn).
Gruppe C: Manchester City – Olympique Marseille, Olympiakos Piräus – FC Porto (je 21, dazn).
Gruppe D: Ajax Amsterdam – Atalanta Bergamo, Midtjylland – Liverpool (je 18.55, dazn).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.12.2020)

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