Mütterchen Russland ruft

Weil er für das Raumfahrtunternehmen RKZ Progress in Samra im Südosten Russlands arbeitete, durfte Arseniy Kotov ein paar Jahre nicht ins Ausland reisen - außer in Länder der ehemaligen Sowjetunion. Der Fotograf machte ausgiebig davon Gebrauch, reiste innerhalb von vier Jahren in mehr als 200 Städte. Seine Fotos sind nun als Bildband erschienen: "Soviet Cities" (Fuel Publishing). Hier zu sehen ist die Mutter-Heimat-Statue in Wolgograd, dem ehemaligen Stalingrad. (Text: her)

Die Staue symbolisiert Mütterchen Russland, die ihre Söhne ruft, damit diese den Feind bekämpfen. Sie wurde 1967 gebaut und ist 85 Meter hoch. Sie erinnert an die Schlacht von Stalingrad, Wendepunkt im Zweiten Weltkrieg. Entworfen wurde sie von Jewgeni Wutschetitsch, gebaut von Nikolai Nikitin. Das Monument neigt sich aber durch Grundwasserunterspülung und droht abzukippen.

Wie der Mutter-Heimat-Statue geht es vielen Gebäuden in der ehemaligen Sowjetunion. Sie müssten restauriert werden, werden aber abgerissen - oder auch bis zur Unkenntlichkeit restauriert. Fotograf Kotov interessiert sich besonders für Wohnbauten, etwa diese geschwungenen Häuser des Wostok-1 Microdistricts in Minsk in Belarus (benannt nach dem ersten bemannten Weltraumflug). Gebaut wurden sie 1966.

Ziemlich bekannt ist der Zirkus Almaty in der kasachischen Großstadt Almaty. Er wurde 1972 nach Entwürfen der Architekten W.S. Kazew und W. Slonow gebaut, bietet 2160 Zuschauern Platz und ist immer noch in Betrieb.

Das historisch-ethnografische Museum im Berg Suleiman-Too, der den Kirgisen als heilig gilt, wurde von K. Nazarov in Osh in Kirgistan geplant und 1978 gebaut. Hinter der markanten Fassade ist eine Höhle, in der es Wandmalereien gibt und die zum Unesco-Welterbe gehört. Mehr als 33.000 archäologische und ethnografische Artefakte sind im "National Historical and Archaeological Museum Complex Sulayman" untergebracht.

Wohnhäuser aus den Siebzigern in Kirowsk im Nordwesten Russlands. 1923 wurden in der Gegend Apatit- und Nephelinvorkommen endeckt, sechs Jahre später wurde die Stadt Kirowsk gegründet, benannt nach Stalins Gefolgsmann Sergei Kirow. In ihrer Blütezeit hatte sie fast 44.000 Einwohner, aber nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurden die Minen und Fabriken geschlossen, ein Teil der Bevölkerung verließ den Ort.

Wohnhaus in den Hügeln von Tiflis, Georgien. Es wurde von O. Kalandarishvili und G. Potskhishvili entworfen und 1976 gebaut. Die drei 16 Stockwerke hohen Türme sind durch einen Gang miteinander verbunden, der direkt auf einen Hügel führt.

Zwischen den Wohnhäusern sieht man den Korjakskaja Sopka auf der russischen Halbinsel Kamtschatka ganz im Osten des Landes. Die Regionshauptstadt Petropawlowsk-Kamtschatski hat den Spitznamen Fünf-Stockwerke-Stadt, weil die Gebäude wegen Erdbebengefahr maximal so hoch gebaut wurden. In den vergangenen Jahren entstanden aber auch höhere Gebäude.

Romanita (Kamille) wird dieses Wohnhaus in Chișinău, der Hauptstadt Moldaus genannt. Der Name bezieht sich auf das Design der Architekten O. Vronsky und A. Marian. Die Apartments sind wie Blütenblätter um die Mitte angeordnet. Gebaut wurde es 1986.

Mosaike waren in der Sowjetunion beliebt, auf ihnen wurde die eigene Geschichte und Errungenschaften glorifiziert. Darunter etwa das Mosaik eines Kosmonauten von Y. Korolev, das 1968 im Moskau entstand.

Wohnhäuser im Stadtteil Purvciems in Riga, Lettland, erbaut in den 1980ern. Riga war ein industrielles, wissenschaftliches und kulturelles Zentrum. In der Sowjet-Ära wurde ein Plan für die Stadtränder entwickelt: Neue Straßen, Plätze und Parks wurden geschaffen und neue Brücken gebaut.

Ein Wohnheim in Workuta, Russland, das 1981 errichtet wurde. Hier wurde Kohle abgebaut, 1943 erhielt Workuta die Stadtrechte. Einen Großteil der Arbeit in den Minen und beim Bau der Stadt und Eisenbahn verrichteten Kriegsgefangene und politische Häftlinge. Bis zu 73.000 Gefangene waren hier gleichzeitig untergebracht. Insgesamt wurden fast zwei Millionen Gefangene nach Workuta deportiert und zur Arbeit gezwungen.

Kukuruzina, Mais-Gebäude, wird dieses Wohnhaus in Samara genannt. Das 20 Stockwerke hohe Gebäude wurde 1988 gebaut und von Alexander Belokon entworfen. Insgesamt gibt es fünf dieser Häuser, die anderen stehen etwa in Minsk und Ufa, Hauptstadt der Republik Baschkortostan in Russland.

Fotograf Arseniy Kotov arbeitet bereits an einem Nachfolgeprojekt von "Soviet Cities". Für "Soviet Seasons" gab es ein erfolgreiches Crowdfunding-Projekt. Das Buch soll im Herbst 2021 erscheinen.
Website des Fotografen: arseniykotov.com
Website des Verlags: fuel-design.com