Leitartikel

Was Rechtsstaatlichkeit in der EU mit „Krieg der Sterne“ zu tun hat

(c) REUTERS (Inquam Photos)
  • Drucken

Im Kampf gegen die Versuchung der illiberalen Demokratie muss die Union auf die Macht ihres Binnenmarkts vertrauen. Und geduldig sein.

Hat die Europäische Union ihre Prinzipien verraten? Diese Frage stellen sich vermutlich einige Beobachter des Zwists um die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit, bei dem Polen und Ungarn die Beschlussfassung des EU-Finanzplans und des Corona-Hilfsfonds blockiert haben. Die nationalpopulistischen Regierungen in Warschau und Budapest, die sich den voranschreitenden Umbau ihrer Staaten zu illiberalen Regimes nach dem Vorbild Russlands und der Türkei mit EU-Geldern kofinanzieren lassen möchten, haben der EU Zugeständnisse abgerungen. Und diese Zugeständnisse laufen allem Anschein nach darauf hinaus, dass etwaige Verfahren länger dauern und enger gefasst sein werden als von den Verteidigern der Rechtsstaatlichkeit erhofft.

Wer Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union verinnerlicht hat, demzufolge „Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte“ das Fundament der Gemeinschaft sind, kann angesichts des von Deutschland eingefädelten Kompromisses und des Jubels in Warschau und Budapest über den vermeintlichen Sieg nur enttäuscht sein. Dieses auffallend laute Jubelgeschrei ist allerdings ein Indiz dafür, dass die Neigungsgruppe gelenkte Demokratie von etwas Unangenehmem ablenken will: Ungarn und Polen haben nämlich den Schwanz eingezogen. Um die zugesagten Förderungen und Darlehen in Milliardenhöhe nicht zu verlieren, nehmen sie die Etablierung eines Rechtsstaatsmechanismus in Kauf. An dieser Tatsache ändert weder, dass dieser Mechanismus wohl erst dann greifen wird, wenn der EuGH grünes Licht gegeben hat, noch dass er lediglich auf Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit im Zusammenhang mit EU-Fördergeldern beschränkt sein wird.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.