Finanzen

Wiens tiefrotes Corona-Budget

Den Traum vom Nulldefizit muss Finanzstadtrat Peter Hanke wegen Corona begraben.
Den Traum vom Nulldefizit muss Finanzstadtrat Peter Hanke wegen Corona begraben.(c) Juen/SEPA.Media/picturedesk.com
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Die Coronakrise sorgt für Milliardenverluste in Wien – die Schulden werden bald die Grenze von zehn Milliarden Euro überschreiten. Das sorgt für Diskussionen.

Wien. Seit der Wien-Wahl am 11. Oktober gibt es klare Verhältnisse. Türkis-Grün regiert im Bund und kritisiert als Opposition Rot-Pink in Wien und umgekehrt. Zu sehen war das wieder bei der am Donnerstag begonnenen Debatte zum Wiener Budget für das Jahr 2021. Es ist das erste rot-pinke Budget in der Geschichte der Stadt. Und es ist ein tiefrotes Budget – wegen der Coronapandemie und den dafür notwendigen Hilfsmaßnahmen der Stadt.

Wie sehr Corona die finanzielle Situation der Stadt beeinträchtigt, skizzierte Finanzstadtrat Peter Hanke. Er erwartet allein für das nächste Jahr ein Defizit von rund 1,9 Milliarden Euro. Das ist ein neuer Negativrekord der Stadt – nach einem Minus von 1,6 Milliarden Euro in diesem Jahr.

Wohin das Steuergeld fließt

Hankes Pläne waren ursprünglich andere. Für heuer und das nächste Jahr rechnete der Finanzstadtrat mit einem Nulldefizit, wollte sogar Schulden zurückzahlen. „Es sind schwierige Zeiten“, erklärte Hanke nun zu Beginn seiner Budgetrede – in Anspielung auf massive Steuerausfälle. Immerhin sinkt die heimische Wirtschaftsleistung heuer um acht Prozent. Und das bedeutet auch weniger Geld vom Bund. Derzeit geht Hanke von einem Einbruch bei den Einnahmen aus den Ertragsanteilen des Bundes von 780 Millionen Euro aus. Gleichzeitig nimmt Wien um rund 200 Millionen Euro weniger städtische Steuern ein.

Die wichtigsten Kennwerte des ersten rot-pinken Budgets: Das Volumen liegt für 2021 bei 15,1 Milliarden Euro. Zur Krisenbekämpfung gibt es dabei mehr Geld für alle Geschäftsgruppen: Für den Gesundheitsbereich werden 2,54 Milliarden Euro veranschlagt (+10,08 Prozent bzw. 233,04 Millionen Euro gegenüber 2020). Dem Sozialbereich stehen 2,22 Milliarden Euro zur Verfügung (+6,05 Prozent), Bildung 1,91 Milliarden Euro (+1,93 Prozent) und Kinderbetreuung 925,44 Millionen Euro (+5,08 Prozent).

Gleichzeitig investiert die Stadt 2,6 Milliarden Euro – laut Hanke befinden sich die Wiener Investitionen damit auf einem „Rekordniveau“. Der Magistrat inklusive Wiener Gesundheitsverbund, Wien Holding und Wiener Wohnen steigert seine Investitionen um fast 20 Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Davon gehen 399 Millionen an die Krankenanstalten, 296 Millionen in die Wohnbauförderung und 110 Millionen Euro in Bildungseinrichtungen. Und: 980,6 Millionen Euro sind für rot-pinke Klimaschutzmaßnahmen vorgesehen.

Mit diesem Budget werden sich die Schulden der Stadt von etwa sieben Milliarden Euro über die Grenze von zehn Milliarden Euro bewegen. Und das emotionalisiert. Zumindest im Wiener Gemeinderat.

Finanzminister Gernot Blümel sei dafür verantwortlich, dass Österreich Europameister bei Ausgaben für Wirtschaftshilfen sei, lobte der türkise Klubobmann, Markus Wölbitsch, seinen Finanzminister, der gleichzeitig Wölbitschs Parteichef in Wien ist: „Wir helfen den Menschen.“ In Wien sei hingegen in den letzten zehn Jahren der Schuldenberg verdoppelt worden – trotz guter Konjunktur, kritisierte Wölbitsch die SPÖ, schoss sich aber auch auf die Neos ein: Diese seien von der SPÖ bei den rot-pinken Koalitionsverhandlungen wie ein Christbaum abgeräumt worden. Nicht nur im Bereich der Transparenz gebe es nur gebrochene Versprechen.

Ein freudscher Versprecher

Martin Margulies (Grüne) assistierte Wölbitsch und warf dem Ex-Koalitionspartner SPÖ vor, das Budget für die Frauenpolitik zu kürzen. Martina Ludwig-Faymann konterte postwendend für die SPÖ – mit einem kleinen Versprecher: „In den vergangenen zehn Jahren wirst du mitbekommen haben, dass Frauenpolitik eine Querschnittsmaterie ist.“ Nachsatz: „Dass man das der rot-grünen, ähm, rot-pinken Stadtregierung . . . Das wird uns noch ein paar Mal passieren“, meinte Ludwig-Faymann lächelnd. Die Gewöhnung an den neuen pinken Koalitionspartner dürfte bei der SPÖ also noch etwas dauern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.12.2020)

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