Europäischer Rat

Brüsseler Deal mit Beigeschmack

„Wir kämpfen heute für den Hausverstand“: Ungarns Ministerpräsident, Viktor Orbán, bei seinem Eintreffen im Europäischen Rat in Brüssel am Donnerstag.
„Wir kämpfen heute für den Hausverstand“: Ungarns Ministerpräsident, Viktor Orbán, bei seinem Eintreffen im Europäischen Rat in Brüssel am Donnerstag.(c) APA/AFP/POOL/JOHN THYS
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Europäischer Rat. Die Staats- und Regierungschefs der EU beugen sich der Vetodrohung Polens und Ungarns gegen das Unionsbudget und verzögern den geplanten neuen Schutz der Rechtsstaatlichkeit.

Brüssel. Die drohende Blockade der Europäischen Union ab Neujahr wurde am Donnerstagabend durch einen rechtlich unverbindlichen, politisch aber höchst wirkmächtigen Kompromiss vermieden: eine Stellungnahme der Staats- und Regierungschefs der Union zum am 1. Jänner in Kraft tretenden Mechanismus, der die Ausschüttung von EU-Subventionen stoppen soll, wenn fehlende Rechtsstaatlichkeit in einem Staat zum Missbrauch dieser Gelder führt.

Knapp vor 19 Uhr segneten die 27 Chefs dies bei ihrem Europäischen Ratstreffen in Brüssel ab. Niemand habe Einspruch angemeldet, auch nicht der Niederländer Mark Rutte, der bisher am stärksten auf eine harte Linie gepocht hatte, sagte ein Ohrenzeuge zur „Presse“. Die Ministerpräsidenten Polens und Ungarns stimmten ohnehin zu, weil sie das als Sieg verkaufen können. Den Rechtsstaatsmechanismus konnten sie zwar nicht verhindern: Er erforderte im Gegensatz zum 1,1 Billionen Euro umfassenden Haushaltsrahmen der Jahre 2021 bis 2027 sowie zum 750 Milliarden Euro schweren Corona-Aufbaufonds keine Einstimmigkeit. Doch er wird erst mit Verzögerung zur Anwendung kommen. Denn der Kompromisstext verweist ausdrücklich auf das ohnehin bestehende Recht jedes Mitgliedstaates, eine neue Unionsvorschrift vor dem Gerichtshof der EU prüfen zu lassen. Das dauert bekanntlich – lang genug möglicherweise, um nicht vor den ungarischen Parlamentswahlen 2022 schlagend zu werden.

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