"Schwarzbuch" kritisiert Agrarförderungen für Millionäre

Schwarzbuch kritisiert Agrarfoerderungen fuer
Schwarzbuch kritisiert Agrarfoerderungen fuer(c) AP (SVEN KAESTNER)
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Drei Arbeiter würden einen Bauern finanzieren, kritisiert das neue "Schwarzbuch Landwirtschaft" das Agrarförder-System in Österreich. Der Bauernbund bezeichnet es als "übliche Hetze" und Parteipropaganda.

"Steueroasen", "Subventionswahnsinn" und "illegale Landverschiebungen in Tirol" ortet Autor Hans Weiss in seinem neuen Buch "Schwarzbuch Landwirtschaft - Die Machenschaften der Agrarpolitik". "Insgesamt kommen nur rund zwanzig Prozent aller Agrarsubventionen den vielbeschworenen "kleinen Bauern" zugute", schreibt Weiss. Der Rest gehe an Großbauern, an Raiffeisen-dominierte Lebensmittelfirmen, an Privatstiftungen und an reiche Österreicher.

Als "übliche Hetze gegen Bauern" und "Parteipropaganda", bezeichnete am Montag hingegen Bauerbund-Präsident Fritz Grillitsch das "Schwarzbuch" in einer Aussendung.

Agrarsubventionen für Millionäre

"Die Großbauern und Agrarkonzerne werden immer größer und die Kleinen sperren zu", sagte Weiss. Unter anderem erhielten Millionäre "Direktzahlungen zur Gewährleistung eines stabilen Einkommens" kritisiert Weiss. Ein Beispiel dafür ist Magna-Chef Siegfried Wolf, der rund 18.000 Euro für seinen 80 Hektar-Hof bekommt. Oder VW-Miteigentümer Ferdinand Piech, der rund eine halbe Million Euro kassiert. 

Sechs der zehn reichsten Österreicher erhalten Agrarsubventionen. Weiters bringen es laut Weiss 216 der 277 Landeskammerräte der Landwirtschaftskammern im Jahr 2008 auf 5,74 Millionen Euro an Agrarförderungen. Insgesamt würden in der Landwirtschaft aktive Politiker und Agrarfunktionäre auf schätzungsweise rund 100 Millionen Euro an Subventionen kommen. Anderseits sperren seit dem EU-Beitritt jeden Tag zwölf Bauern ihren Betrieb zu, so der Buchautor.

Drei Arbeitnehmer finanzieren einen Bauern

Drei Arbeitnehmer würde einen Bauern finanzieren, kalkuliert Weiss im "Schwarzbuch". Dies sei "nachweislich konstruiert", so Bauernbundchef Grillitsch: Die österreichischen Bauern würden 600 Millionen Euro und nicht 2,2 Milliarden aus dem nationalen Budget erhalten. "Wenn ein sogenanntes Sachbuch mit dermaßen unsachlichen und tendenziösen Darstellungen daherkommt, dann liegt der Verdacht nahe, dass es sich um Parteipropaganda handelt. Es ist die übliche Hetze, die schon seit mehreren Monaten gegen die österreichischen Landwirte gefahren wird", so Grillitsch. In Österreich bekommen laut dem Bauernbundchef nur 242 von 168.000 landwirtschaftlichen Betrieben mehr als 100.000 Euro Förderung.

Transparenzdatenbank unvollständig

Die österreichische Transparenzdatenbank bezeichnete Buchautor Weiss als "Verschleierungsdatenbank". Im Jahr 2008 wurden rund 83 Prozent der Agrarförderungen im Umfang von 2,21 Milliarden Euro in der Transparenzdatenbank angeführt. Die Förderungen von Bund und Ländern werden aber nicht in der Datenbank aufgelistet, so Weiss. Vor allem in Vorarlberg sei der Anteil der nicht-veröffentlichten landwirtschaftlichen Förderungen mit 38 Prozent besonders hoch.

Die österreichische Landwirtschaft bezeichnete Weiss als eine Art "Steueroase" mit vielen Sonderregelungen. 98 Prozent aller Bauern seien von der Einkommenssteuer befreit. Auch Grundsteuern, Pensions- und Krankenkassenbeiträgen hätten keinen Zusammenhang mit dem realen Wert der Grundstücke oder dem realen Einkommen.

Illegale Übertragung in Tirol?

In Tirol wurde in den letzten 60 Jahren ein Fünftel der Landesfläche im Wert von geschätzten 15 bis 30 Mrd. Euro rechtswidrig an Bauern übertragen. Trotz Verfassungsgerichtshofurteilen sei das Interesse der Öffentlichkeit darüber nicht sehr groß, wunderte sich Weiss.

Lieblingsfeind Raiffeisen

Dem in der Landwirtschaft höchst aktiven Raiffeisenkonzern widmet der Autor ein eigenes Kapitel: Raiffeisen dominiere den Agrarbereich, resümiert Weiss. "Auf der einen Seite nimmt die Zahl der Bauern von Jahr zu Jahr ab, auf der anderen Seite wird Raiffeisen größer und größer, hat sich von einem bäuerlichen Selbsthilfeverein in einen multinationalen Konzern verwandelt", schreibt der Autor. Die österreichischen Raiffeisenlandesbanken haben in den Jahren 2006 bis 2008 bei einem Gewinn von 1,9 Milliarden Euro nur 19 Millionen. Euro Steuern gezahlt, kritisiert Weiss.

Weiss fordert im "Schwarzbuch" keine Subventionen an Privatstiftungen und an Personen zu vergeben, die mehr als 57.000 Euro im Jahr verdienen. Weiters sollen Subventionen auf maximal 25.000 Euro pro Betrieb und Bauer begrenzen werden.

(APA/Red.)

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