Gastkommentar

Gebetsfeier im Parlament: Respektlose Untergriffe

Niemand ist in Österreich zu einem Religionsbekenntnis oder zur Teilnahme an einer religiös geprägten Veranstaltung verpflichtet. Religionsfreiheit bedeutet aber nicht, die öffentliche Sphäre von Religion freizuhalten.

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Die parlamentarische Gebetsfeier vom vergangenen Dienstag hat neben vielen positiven Stellungnahmen auch Kritik hervorgerufen. Dabei wurde behauptet, dass durch eine solche Veranstaltung, zu der Vertreter aller Fraktionen eingeladen waren, die „weltanschauliche Neutralität des Staates in Frage gestellt“ werde, die „Trennung zwischen Kirche und Staat“ gefährdet, oder „das Parlament vereinnahmt“ worden sei. Ein Verfassungsjurist warnte im „Standard" gar vor „dem politischen Katholizismus“. Da fragt man sich schon, ob der Mann im Jahre 2020 lebt und weiß, wovon er spricht. Ein besonders respektloser Untergriff gegenüber Christen kam durch die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures, die gleich alles in einen Topf und den Christen an den Kopf wirft: Sie schreibt von einer brutalen Instrumentalisierung von Kirche und Glauben durch das NS-Regime.

Ihre Aussage bedeutet eine Verdrehung der historischen Ereignisse und ist für viele Nachkommen katholischer Widerstandskämpfer unerträglich. Der katholische Glauben wurde durch das NS-Regime unterdrückt, nicht instrumentalisiert! Selbst jene Bischöfe, denen es an Mut und Weitblick zu echtem Widerstand fehlte, ließen keinen Zweifel an der Unvereinbarkeit des Nationalsozialismus mit dem Christentum.

Die Unschärfe der Argumentation ist wohl beabsichtigt. So werden gläubige Menschen und Religionen ipso facto des Faschismus verdächtigt und dadurch denunziert. Im selben Atemzug spricht die zweite Nationalratspräsidentin staatstragend von notwendiger „Sensibilität“. Wie sensibel ist es aber, den religiösen Glauben, der für viele Mitbürger in diesem Land sinnstiftend ist, - zumindest indirekt - als Wahnvorstellung zu denunzieren?

Niemand ist in Österreich zu irgendeinem Religionsbekenntnis oder zur Teilnahme an einer religiös geprägten Veranstaltung verpflichtet; genau darin liegt auch das Wesen der Religionsfreiheit. Religionsfreiheit bedeutet aber nicht, die öffentliche Sphäre von Religion freizuhalten oder, wie es in manchen Fraktionen offenbar geschehen ist, auf einzelne Abgeordnete Druck auszuüben, damit sie sich von Veranstaltungen wie dem Gebetsabend fernhalten oder ihre bereits zugesagte Teilnahme zurückzuziehen. Der christliche Glaube ist ein wichtiger und legitimer Bestandteil eines pluralen gesellschaftlichen Lebens, der selbstverständlich auch in den Räumlichkeiten des Parlaments zum Ausdruck kommen darf, so wie es auch anderen Abgeordneten freisteht, ihre jeweiligen „Ersatzreligionen“ und Wertehaltungen dort zum Ausdruck zu bringen. 

Und wozu war diese Gebetsfeier eigentlich gedacht? Die Teilnehmer wollten den Menschen in dieser schwierigen Adventszeit nur Hoffnung spenden. Ein schönes Anliegen!

Die Autorin

Kristina Malina-Altzinger ist Juristin und seit kurzem Präsidentin der „Plattform Christdemokratie“, nachdem ihr Vorgänger Jan Ledóchowski für die ÖVP in den Wiener Gemeinderat wechselte. Die überkonfessionelle Plattform vernetzt politisch engagierte Christen in Österreich.

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