Sie reüssierte schon früh in der Männerdomäne Opernregie: die gelernte Tänzerin und Choreografin Margarethe Wallmann. Ihre Inszenierung von Puccinis „Tosca“, 1958 entstanden, ist bis heute liebevoll gepflegter Bestand im Repertoire der Wiener Staatsoper. Zu sehen am 13. Dezember in einer Direktübertragung auf ORF III.
Sie war eine Diva vom alten Schlag. Schön, elegant und glamourös, charmant und launenhaft, selbstbewusst und gewandt, nicht zuletzt im Umgang mit bedeutenden Männern, mit jenen Großen im Kulturbetrieb in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, mit denen sie rege Kontakte pflegte. Sie war eine Schlüsselfigur in der Gründungsphase der Salzburger Festspiele. Stefan Zweig war ein enger Freund und Verehrer, sie vermochte Bruno Walter und Arturo Toscanini ebenso zu faszinieren wie den jungen Herbert von Karajan und Leonard Bernstein. In Hollywood schuf sie für Greta Garbo die Tanzszenen in „Anna Karenina“, mit Maria Callas war sie durch legendäre Produktionen an der Mailänder Scala eng verbunden. Eine kleine, energiegeladene Frau, die über ein exzeptionelles Ausmaß an Durchsetzungsfähigkeit verfügte. Der Drill des klassischen Balletts saß ihr in den Knochen. Entsprechend unerbittlich war sie, was Perfektion betraf. Das „Time“-Magazin hat sie einmal unter dem Titel „The Lady General“ porträtiert.
Die Parallelwelt unter dem „Bühnenhimmel“ des Schnürbodens war das vitale Milieu der Margarethe Wallmann, die sich als polyglotte Weltbürgerin auch Margarita oder Margherita nannte. Bühnenwahrheit hatte für sie größere Bedeutung als die Realität mit ihren Tatsachen. Das vermittelt sich in komprimierter Form in ihren 1976 erstmals publizierten Memoiren „Les balcons du ciel“, die unter dem Titel „Sous le ciel de l'opéra“ zu ihrem 100. Geburtstag neu aufgelegt wurden. Sie überliefern ein komplexes, plastisches Bild ihrer vielfältigen Existenz, sind aber bezüglich der Fakten weder freigebig noch besonders verlässlich.