Überraschend hat Taylor Swift, geboren 1989, ihr neuntes Album veröffentlicht. „Evermore“ zeigt sie, die mit Country begonnen hat, als Meisterin des intelligenten Pop.
Taylor Swift: „'tis the Damn Season“. Weihnachten ist auch die Zeit, in der Bundesländerstudenten nach Hause fahren und dort Fadesse und Charme des ländlichen resp. kleinstädtischen Lebens wiedererleben, verbunden mit der Magie des eigenen Teenage. Und wenn man dann noch eine Jugendliebe trifft . . . Genau darum geht's in diesem Song von Taylor Swift, die selbst aus dem US-Ort Reading (88.000 Einwohner) stammt. Es ist neblig und kalt, sie wohnt bei den Eltern, das Auto hat sie zwischen Methodistenkirche und der alten Schule geparkt. Das Szenario ist erst ruhig, allmählich drängt sich ein Trommelschlag vor, wird heftig, als Swift das zweite Mal „You call me ,babe‘ for the weekend“ singt. Natürlich, sie weiß, sie wird nach L. A. zurückfahren, und genau das erlaubt ihr, sich in diese Retro-Romanze zu stürzen, die sie in einer Zeile knapp fasst: „The road not taken looks real good now.“ Verdammte Jahreszeit. Großer, kluger, berührender Song.
Den Song der Woche küren allwöchentlich Thomas Kramar („Die Presse“) und Christoph Sepin (Radio FM4). Zu hören ist er am Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr auf FM4. Weitere Infos auf www.diepresse.com/songderwoche und fm4.ORF.at.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2020)