"Digitaler Yuan"

Digitale Staatswährung als Chinas Antwort auf den Dollar

Peking wird als erste große Volkswirtschaft eine digitale Staatswährung einführen – und die Kapitalflüsse seines Volks vollständig kontrollieren können.

Ende November trat Carrie Lam vor die Kamera eines lokalen Fernsehsenders, um ihr vielleicht skurrilstes Interview in diesem ohnehin turbulenten Jahr zu geben. „Vor Ihnen sitzt die Verwaltungschefin Hongkongs, der keinerlei Bankdienstleistungen zur Verfügung stehen. Ich benutze täglich Bargeld, zu Hause habe ich Stapel voller Cash“, sagte die 63-Jährige in leicht beschämtem Tonfall. Lam zählt zwar mit einem Jahresgehalt von umgerechnet 550.000 Euro zu den bestbezahlten Spitzenpolitikern weltweit, doch aufgrund von US-Sanktionen hat sie derzeit nicht einmal ein eigenes Konto. Fälle wie diese zeigen, warum das monetäre Jahrhundertprojekt der Chinesischen Volksbank eine so hohe Priorität für Peking einnimmt: Als erste führende Volkswirtschaft der Welt wird China eine staatliche Digitalwährung einführen – und damit auch die internationale Dominanz des US-Dollars herausfordern.

Derzeit wird der „digitale Yuan“ in breit angelegten Pilotstudien in mindestens vier chinesischen Städten erprobt. Umgerechnet rund 250 Millionen Euro hat die Regierung dafür bereits in Form von virtuellen „Hongbao“ – so werden in China rote Geschenkkuverts mit Geldnoten bezeichnet – per Lotterielos unters Volk gebracht. Eine ganze Reihe an E-Commerce-Unternehmen experimentieren bereits mit der Digitalwährung, darunter der Lieferdienst Meituan und Didi, eine Art chinesisches Uber.

»Steuerhinterziehung kann künftig praktisch im Keim erstickt werden.
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Anti-Bitcoin. Am ehesten lässt sich die Währung als eine Art Anti-Bitcoin umschreiben: Sie soll von der Zentralbank herausgegeben werden und jede Transaktion für die Behörden nachvollziehbar machen. Wichtig ist, dass Banken für jeden ausgeteilten digitalen Yuan ebenfalls einen analogen Yuan in Reserve führen müssen. Das heißt, dass die neue Währung zwar physische Scheine und Münzen ersetzen soll, nicht jedoch das bereits in Bankkonten angelegte Geld.

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