Nachruf

Er hob den Spionageroman in die Weltliteratur

Le Carré Mitte der 80er Jahre. Auch er selbst war einmal ein Spion.
Le Carré Mitte der 80er Jahre. Auch er selbst war einmal ein Spion.imago/Leemage
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Mit John le Carré starb ein Großer der englischen Literatur. Seine Thriller über die Welt der Geheimdienste im Kalten Krieg dringen – nie beschönigend, nie verurteilend – tief in die kollektive Psyche des 20. Jahrhunderts.

Der eine, Sean Connery, starb, bevor sein politischer Traum wahr werden konnte: die Unabhängigkeit Schottlands. Der andere, John le Carré, folgte ihm nun am Wochenende, kurz vor Inkrafttreten seines politischen Alptraums: des Brexit. Beide, der Schauspieler und der Schriftsteller, haben unser Bild des Kalten Kriegs geprägt: Connery als glamouröser, augenzwinkernder und unbesiegbarer James Bond, le Carré als Schöpfer zerrissener, stolpernder und unsterblicher Gestalten wie George Smiley. Im Alter von 89 Jahren ist John le Carré nun an den Folgen einer Lungenentzündung in Cornwall gestorben.

Ohne Zweifel war le Carré ein „Gigant der englischen Literatur“, wie ihn sein Verleger Jonny Geller in der Todesanzeige gestern nannte. Wie neben ihm nur Graham Greene hob er das Genre des Spionageromans in die Hochkultur. Seine Figuren wie Smiley, Karla oder Alec Leamas waren gleichzeitig brillante Agenten und völlige Versager, sie rangen mit ihren Frauen, dem Alkohol und dem Job, aber sie retteten zugleich die Menschheit vor dem nächsten Weltkrieg. Sie waren glühend loyal und doch zum größten Verrat fähig. Spione waren „eine verkommene Abfolge von eitlen Dummköpfen, Verrätern, und auch, ja, Tunten, Sadisten und Säufern, Leute, die Räuber und Gendarm spielen, um ihr niederträchtiges Leben aufzuhellen“, sagte le Carré einmal. Er wurde zum Erforscher ihrer condition humaine.

„Es war ein erbärmliches Geschäft“

Le Carré wusste, wovon er sprach, schließlich war er selbst einer von ihnen gewesen. Am 19. Oktober 1931 als David Cornwell in Poole im Süden Englands geboren, studierte er zunächst in der Schweiz an der Universität Bern, ehe er 1949 dem Militär beitrat und erste Geheimdienstkontakte hatte. Für einige Zeit war er im besetzten Graz stationiert und mit der Ausforschung flüchtiger Nazi-Kriegsverbrecher beschäftigt. „Wir hatten Agenten für uns laufen, die auf kleinen Motorrädern unterwegs waren und russischen Wachen pornografische Fotos verkauften“, erinnerte er sich später. „Wir sollten auch Nazis jagen, Auffanglager durchkämmen und Flüchtlinge vernehmen – es war ein erbärmliches Geschäft.“

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Im Kern ging es in seinen Werken um Liebe und Verrat. Er thematisierte den Kalten Krieg, Konflikte in Afrika und zuletzt auch den Brexit.

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