Mit der Begründung, es widerspreche dem Gleichheitsgrundsatz, hat der Verfassungsgerichtshof das Kopftuchverbot für Grundschülerinnen aufgehoben.
Im Jahr 1989 revoltierten in Frankreich drei muslimische Mädchen und deren Väter gegen das Kopftuchverbot an ihrer Schule. Schock. Starre. Streit. Der damalige sozialdemokratische Erziehungsminister plädierte für Toleranz („Wenn es nicht möglich ist, sie davon zu überzeugen, ihren Hijab auszuziehen, müssen wir abwarten, ob sie das später tun“). Linke Philosophen, etwa die Feministin Elisabeth Badinter, protestierten dagegen – und handelten sich prompt den Vorwurf des Rassismus ein.
Wer Fundamentalisten nicht Einhalt gebiete, unterstütze islamophobe Rechtsextreme, die Islam mit Fundamentalismus gleichsetzen würden, warnte Badinter: Die Zahl verschleierter Mädchen und Frauen steige stetig, „aber wenn die französische Schule das zulässt, entwaffnet sie alle diejenigen, die sich nicht unterwerfen wollen. Denn noch kann ein junges Mädchen, das den Schleier nicht tragen will, ohne Problem Nein zu ihrem Vater sagen, weil sie sich dabei auf das weltliche Gesetz beruft. Ohne öffentliche Regeln aber steht sie ihm allein gegenüber und verliert“, argumentierte die Philosophin.
31 Jahre später in Österreich.
Anfang 2020 legten zwei Mädchen und deren Eltern Beschwerde gegen das Kopftuchverbot an Grundschulen ein: Es verstoße gegen Religionsfreiheit, religiöse Kindererziehung sowie gegen den Gleichheitsgrundsatz. Sonst müssten auch Kippa (für jüdische Buben) und Patka (für Sikhs) verboten sein. Der österreichische Verfassungsgerichtshof folgte dieser Argumentation und kippte vergangene Woche das schulische Schleierverbot.