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Zitronennoten am Dom, Anti-Virus-Spray am Markt

Stephansdom
StephansdomAPA/GEORG HOCHMUTH
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Covid-19 lässt uns um den Geruchssinn bangen. Was diesen neurotisiert – und auch die Augen olfaktorisch belastet. Ein Spaziergang.

„Der Welschriesling schmeckt nach gar nix“, sagte ein bezirksbekannter Weinbeißer im Herbst, als kleine Runden noch erlaubt waren, in einer solchen, indem er die Stirn runzelte. Ihm antwortete stärkeres Stirnrunzeln rundum: Was, du schmeckst nichts? Und man sah und hörte Sessel rücken . . .

Ja, Geschmack und Geruch, sonst eher die Luftikusse unter den Sinnen, sind ziemlich neurotisiert worden unter der Herrschaft des Virus. Längst kennt jeder jemanden, der sie zumindest zeitweise verloren hat, und man ertappt sich beim hypochondrischen Schnüffeln: Geht's noch?

In dieser olfaktorischen Stresssituation nehmen auch die Augen einschlägige Botschaften quicker auf. Etwa beim Vorbeigehen am Wiener Stephansdom: Plakate an seiner Westfront zeigen eine auf Sand lagernde Schöne mit müden Augen, ein Gefäß vor sich, das einen, wohl der Umgebung wegen, an eine Monstranz erinnert. Es ist keine, es ist auch kein Salböl von kostbarer Narde in dem Gefäß, vielmehr Dylan Turquoise. Woher ich das weiß? Nun, es steht auf dem Plakat. Im Internet steht, dass die Maria Magdalena auf dem Plakat erstens Hailey Bieber heißt und zweitens das Gesicht dieses Dufts ist. Bieber heißt sie, weil sie Justin geheiratet hat. Warum das Wässerchen Dylan heißt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen. Bob Dylan hat damit nichts zu tun, der hat schon für Pepsi, Apple, Cadillac, Victoria's Secret und sein eigenes Whiskey-Sortiment geworben, aber (noch) nicht für Versace.

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