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Fußballfeldgroße Wohnküchen? Echt jetzt?

diePresse Wienerberger Velreihung Mit Abstand by Akos Burg
diePresse Wienerberger Velreihung Mit Abstand by Akos Burg(c) AKOS BURG
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Keine uniforme Reihenhausanlage, aber kleine Einheiten sind gefragt.

Mir geht die Familie Putz auf die Nerven. Die und ihre XXXLutz-Wohnträume mit den gigantomanischen Küchenblöcken, um die die ganze Familie herumtanzt. Wenn der Küchenblock schon so groß ist, wie groß ist dann die ganze Wohnung? Ein Loft? Eine Fabrikhalle? Ein Dachboden? Und wieso stecken die immer alle zusammen? Drei Generationen und niemand hat ein eigenes Zimmer?

Mein Wohntraum ist klein. Ein kleines Haus, neben anderen kleinen Häusern. Keine uniforme Reihenhausanlage, bloß nicht, sondern lauter lose verbundene Einheiten. Zusammengehörig, aber jede anders.

Die Werkbundsiedlung in Wien-Hietzing trifft es am besten. Jedes Haus hat eine andere Fassade, andere Details, und trotzdem gehören sie alle zusammen. Dazwischen Gärtchen, Balkone, Loggias. Viel Grün. Das ist das Wichtigste. Am besten ist das Haus sogar mit Efeu überwuchert.

In Coronazeiten eingesperrt in einer Gemeindebauwohnung ohne Grünzugang, das ist die Hölle. Zumindest ein Gemüsebeet am Balkon muss sich ausgehen. Oder, noch besser, das Dach ist begehbar und begrünt. Das kühlt im Sommer und erspart die Klimaanlagen. Die sind ohnehin die ärgsten Luftverpester.

(C) Katrin Leicht

Niemand braucht fußballfeldgroße Wohnküchen. Aber jeder braucht einen Rückzugsbereich, zum Alleinsein, zum Lernen, zum Arbeiten. Deshalb hat mein Haus zwar kleine Räume, aber für jedes Familienmitglied einen. Ein gemeinsames Wohnzimmer im Untergeschoß, vielleicht mit einer Arbeitsnische, und im Obergeschoss sind Bad und Einzelzimmer. Wenn man das gut anordnet, kommen vier Personen auch mit 70 m2 aus – das macht die Sache auch für Millennials erschwinglich. Wenn man sich auf die Nerven geht, geht man halt aufs Dach/auf den Balkon/auf die Terrasse hinaus.

Alles CO2-neutral

Alles ist natürlich nachhaltig und CO2-neutral gebaut. Unten Erdwärme, oben Solarpanele und dazwischen Materialien, von denen man nicht krank wird. Was Nachhaltigkeit angeht, möchte ich immer auf dem neuesten Stand leben. Sei es bei Strom und Wärme oder auch in allen anderen Bereichen. Dafür gibt es Experten, denen muss man vertrauen können. Alles andere darf jeder für sein Häuschen selbst bestimmen.

Was die Finanzierung angeht, mache ich mir nichts vor: Ein Häuschen ist teuer und nicht jeder kann sich das leisten. Ob ich meines nun miete oder kaufe, ist mir nicht so wichtig. Hauptsache ist, dass es insgesamt leistbar ist und ich meinen Kindern wegen des Kredits dafür keine Schulden vererben muss.

Katrin Leicht (23) studiert Volkswirtschaft und Sozioökonomie an der WU Wien und bezog heuer eine eigene kleine Wohnung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.12.2020)

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