Ex-EU-Agrarkommisar Franz Fischler spricht sich für eine Beschränkung von Agrarförderungen auf Vollerwerbsbauern aus. Das "Schwarzbuch Landwirtschaft" würde aber an den "Neidkomplex" appellieren.
Das jüngst veröffentlichte "Schwarzbuch Landwirtschaft" hat in Österreich eine neuerliche Debatte über Agrarförderungen ausgelöst. Die EU-Mitgliedsstaaten können ab 2010 Förderungen an Reiche abstellen, sagte Ex-ÖVP-EU-Agrarkommissar Franz Fischler im Ö1-Morgenjournal: Österreich solle jene Fördernehmer - "zumindest von der Betriebsprämie" ausschließen, die ihr Haupteinkommen nicht in der Landwirtschaft erwirtschaften. ÖVP-Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich lehnt dies ab, weil er befürchtet, dass dies vor allem kleine Nebenerwerbsbauern treffen würde. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter fordert die ÖVP auf, ihre "Bestemmhaltung" aufzugeben und "eine sachliche Diskussion zu beginnen".
Höchstgrenze für Förderungen
"Das größere Problem", dass die Förderungen für größere und kleine Betriebe im Verhältnis 80:20 stehen, könne erst ab 2013 geändert werden, sagte Fischler. Er spricht sich dafür aus, größeren Betrieben Kürzungen zuzumuten. Laut Berlakovich würden bereits Förderobergrenzen diskutiert - Änderungen würde es aber eben erst nach 2013 geben, sobald neue Regeln für die EU-Agrarpolitik gelten.
Schwarzbuch appelliert an Neidkomplex
Mehr Fördergerechtigkeit zu schaffen sei prinzipiell ein richtiges Anliegen, kommentierte Fischler das "Schwarzbuch" des Journalisten Hans Weiss. Das Buch selbst sei dabei jedoch nicht hilfreich, weil es an den "Neidkomplex" appelliere. Außerdem seien Weiss' Darstellungen nicht differenziert genug: Man müsse verschiedene Ziele der Agrarförderung unterscheiden. So sei die Unterstützung "kleiner Bauern" nicht das einzige Ziel. Subventionen bekämen auch Lebensmittelkonzerne, damit sie europäische Rohstoffe verwenden. Das Schwarzbuch werfe alles in einen Topf und tue damit "einer notwendigen Diskussion über mehr Gerechtigkeit "keinen guten Dienst".
Pröll: Ab 2013 mehr für Kleinbauern
Die Daten zur Agrarförderung könnten transparent im Internet nachgelesen werden. "Dafür habe ich gesorgt", erklärte ÖVP-Vizekanzler Josef Pröll nach dem Ministerrat. Mit der Frage nach der Verteilung der Landwirtschaftsförderungen beschäftige er sich schließlich seit 2003, so der frühere Agrarminister. Die Rückschlüsse aus den Daten sei "klar": "Der überwiegende Teil geht in den ländlichen Bereich und die Bergbauern." Nach 2013 sollen die Subventionen noch stärker in die kleinbäuerliche Struktur fließen, betonte Pröll. Die Agrarförderung werde von der EU, dem Bund und den Ländern gespeist. Der ÖVP-Obmann verwies darauf, dass der EU-Anteil Österreichs Nettobeitrag reduziert.
"Die Agrarpolitik muss aus den Fängen der agroindustriellen Interessen herausgelöst werden", forderte der grüne Landwirtschaftssprecher Wolfgang Pirklhuber. Die zentralen Herausforderungen Lebensmittelqualität, Klimaschutz und mehr Verteilungsgerechtigkeit seien in den Mittelpunkt zu stellen.
(APA)