Migration

Wien kritisiert Bund für "menschliche Schande" in griechischen Flüchtlingslagern

Refugees and migrants make their way in the Kara Tepe camp on the island of Lesbos
Refugees and migrants make their way in the Kara Tepe camp on the island of Lesbos(c) REUTERS (ELIAS MARCOU)
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Bürgermeister Ludwig und Vize Wiederkehr bekräftigen, Kinder aus Flüchtlingslagern in Griechenland aufnehmen zu wollen. Zudem wird 300.000 Euro für Hilfe vor Ort gespendet. Die Zustände im provisorischen Lager Kara Tepe auf Lesbos sind indes katastrophal.

Wien übt scharfe Kritik an der Linie der türkis-grünen Bundesregierung, trotz der katastrophalen Zustände in griechischen Flüchtlingslagern weiterhin die Aufnahme von dort untergebrachten Menschen zu verweigern. Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) sprach am Mittwoch von einem "politischen Versäumnis" und einer "menschlichen Schande". Die Stadt selbst stellt gut 300.000 Euro für Hilfe vor Ort zur Verfügung.

Nach dem Brand in Europas bis dahin größtem Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos war zunächst hastig ein provisorisches Zeltlager auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Kara Tepe errichtet worden. Derzeit leben dort mehr als 7.00 Menschen. Die Zustände sind laut Hilfsorganisationen katastrophal und menschenunwürdig.

3-Jährige vergewaltigt

Am Dienstag war eine mutmaßliche Vergewaltigung eines dreijährigen afghanischen Mädchens von Ärzten im Camp bestätigt worden. Das Mädchen war blutend und halb bewusstlos am Montagabend in den Toilettenräumen des Lagers entdeckt worden. Die griechischen Behörden haben Ermittlungen aufgenommen. Hilfsorganisation hatten in Medienberichten außerdem davon berichtet, dass die Menschen im Lager derzeit am häufigsten wegen Rattenbissen Ärzte aufsuchen würden.

Das Camp wurde zudem in dieser Woche überflutet, nachdem es mehrere Tage heftig geregnet hatte. "Es sind so viele Zelte nass, es gibt keinen trockenen Ort. Wir fürchten, dass viele Menschen sehr krank werden", schrieb eine Gruppe von Freiwilligen am Sonntag auf Facebook.

Am Montag hatte zudem die NGO „Reporter ohne Grenzen Österreich“ kritisiert, dass einer Journalistengruppe aus Wien der Zugang zu dem Lager verweigert worden war.

Wien spendet 300.000 Euro

Ludwig und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) bekräftigten, dass Wien nach wie vor gerne zumindest 100 Flüchtlingskinder aufnehmen würde. Dafür brauche es allerdings die Zustimmung des Bundes, die es eben nicht gebe. Deshalb wolle man zumindest mit anderen Mitteln Menschen, die in den Lagern "unter schwersten Bedingungen" leben, zu unterstützen - und zwar "nicht PR-mäßig mit einem großen Flieger mit Dingen, die dann nicht ankommen", setzte Ludwig einen Seitenhieb auf Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), der Ende September nach dem Brand im Flüchtlingslager eine Hilfslieferung vor allem mit Zelten begleitet hatte.

Die Stadt setzt stattdessen auf eine Geldspende an drei Hilfsorganisationen. Caritas, Diakonie und Samariterbund erhalten je rund 100.000 Euro. Der Bürgermeister sprach von "unhaltbaren Zuständen" in den Lagern und verwies auf Berichte, wonach Kinder durch Rattenbisse verletzt worden seien. Gerade in der Vorweihnachtszeit müsse man "Herzen öffnen".

"Es ist eine Schande für Europa, was hier passiert", konstatierte auch Wiederkehr. Flüchtlinge würden in nicht winterfesten Zelten hausen und frieren müssen: "Das primäre Ziel muss sein, diesen Menschen eine Unterkunft zu geben" - auch "aus einer christlich-sozialen Perspektive heraus", wie der Vizebürgermeister einmahnte.

Die EU-Kommission hatte Anfang Dezember angekündigt, dass griechische und EU-Behörden bis September 2021 ein "neues und dem Standard entsprechendes Aufnahmelager" auf Lesbos errichten würden.

(APA)

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