Quergeschrieben

Warum der "Sex-Täter" aus den Schlagzeilen verschwinden muss

Bei der Berichterstattung über Vergewaltigung und sexuelle Belästigung kommt es auf jedes Wort an. Denn Sprache ist mächtig, heute mehr denn je.

Abgeordneter wegen Sex angeklagt“, lautete eine Schlagzeile in der „Kronen Zeitung“ vom Dienstag. Es geht um den Fall eines oberösterreichischen ÖVP-Landtagsabgeordneten, der sich Anfang kommenden Jahres wegen Vergewaltigung und sexueller Belästigung vor Gericht verantworten muss.

Ein solcher Titel ist ein Problem, denn er ist verharmlosend und ungenau. Sex bedeutet Geschlechtsverkehr oder sexuelle Betätigung. Das setzt Einvernehmen voraus. Geschieht der Akt gegen den Willen einer oder eines Beteiligten, muss ein anderer Begriff her, etwa geschlechtliche Nötigung – wenn die Tat nicht dem Beischlaf gleichzusetzen ist – oder Vergewaltigung.

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Wird über solche Fälle berichtet, ist oft die Sachlage nicht ganz eindeutig, vor allem, wenn es noch kein gerichtliches Urteil gibt. Wie auch hier: War es nun Belästigung, Vergewaltigung oder beides? Da schreibt man doch lieber „Sex“ und ist mit Begriffen wie „Sex-Täter“ oder „Sex-Skandal“ auf der sicheren Seite. Und weniger Platz braucht es außerdem. „Doch Bequemlichkeit oder Gewohnheit darf keine Ausrede für schlechtes Schlagzeilendeutsch sein“, schrieb „Presse“-Kollege Erich Kocina im Oktober 2019.

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