Morgenglosse

Amazon ist mal grundsätzlich böse

Auslieferungslager von Amazon
Auslieferungslager von Amazon(c) Reuters
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Die Jammerei über den Tech-Giganten, der dem heimischen Handel alles wegnimmt, ist nur die halbe Wahrheit.

Ja, natürlich profitiert das Online-Versandhaus aus Amerika namens Amazon ordentlich von der Corona-Krise. Das ist ja auch logisch. Denn, wenn die Bevölkerung zu Hause eingesperrt ist und die Geschäfte zu haben, bleibt nur noch das Internet zum Einkaufen. Man braucht Bücher, Schuhe, Computer, Toner, Drucker oder Webcams für Zoom-Konferenzen. Und wo geht's am einfachsten? Richtig. Über Jahrzehnte hat Amazon das bequeme Einkaufen im Netz perfektioniert. Auf IT-Deutsch heißt das Convenience.

Man braucht nur zu vergleichen. Ein Kauf in einem österreichischen, deutschen oder italienischen Webshop in den vergangenen Monaten führte zu teils erstaunlichen Abenteuern. Das am 27. November bestellte Blackfriday-Leiberl im Shop aus Deutschland ist noch immer nicht da. Eine Statusabfrage auf der Webseite zeigt seit dem Bestelltag immer das gleiche. Anfragen bleiben unbeantwortet. Der italienische Webshop schickt die falschen Schuhe nach sechs Wochen. Die kamen nämlich aus China. Und der österreichische Webshop vom Mobilfunkprovider Magenta liefert das Handy nur auf Nachnahme. Kreditkartenzahlung oder Paypal gibt es nicht.

Und bei Amazon? Nach 75 Bestellungen in diesem Jahr gab es bei einer einzigen eine massive Verzögerung, als nämlich ein Verteilzentrum der Post zum Coronacluster wurde.

Die gesamte, perfekt eingespielte Infrastruktur von Amazon steht allen Händlern offen. Die können dadurch ihre Ware einem Millionenpublikum mit Amazon-Convenience anbieten. Einen Heiligenschein bekommt der US-Versandriese dafür trotzdem nicht, denn er schneidet bei jeder Transaktion kräftig mit. Verständlich. Aber nicht nur mit Geld bezahlt der Händler. Amazon häuft dabei Unmengen an Daten an. Die schauen sich die Amerikaner ganz genau an. Eine TV-Reportage enthüllte: Kaum hat ein Händler einen Internet-Verkaufshit im Amazon-Universum gelandet, schon bietet der Tech-Gigant das gleiche Produkt selbst an. Billiger versteht sich. So haben es Händler, die kein besonderes Nischensegment bedienen, doppelt schwer. Zuckerschlecken ist das Verkaufen auf Amazon bestimmt nicht. Für den ein oder anderen ist es aber einen Versuch wert. Ein paar tausend heimische Betriebe (mit genauen Zahlen geizt Amazon) sind derzeit auf dem Marktplatz aktiv.

Der Haken: Als Benutzer muss man schon lange suchen, aus welchem Land der Anbieter genau kommt. Hier sollte sich Amazon ein Beispiel an einem nicht ganz so kleinen Vergleichsportal aus Wien nehmen. Geizhals.at weist klar und deutlich mit Flaggen die Nationalität seiner Händler aus. Ja sogar filtern lässt sich nach Nationalität. Toll, oder Amazon? So könnte man auch bei Amazon leichter bei österreichischen Händlern einkaufen, auch wenn es mal zehn, 20 oder 30 Euro teurer ist. Ein Amazon-Kaufhaus-Österreich sozusagen.

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