Schon wieder haben Wifo und IHS leicht unterschiedliche BIP-Prognosen präsentiert. Warum eigentlich? Das hat einen zutiefst österreichischen Hintergrund.
Das Event steigt vier Mal im Jahr. Da präsentieren die beiden Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS gemeinsam ihre Konjunkturprognose. Jedes Mal nach einer penibel vorgeschriebenen Dramaturgie, höchste Geheimhaltungsstufe: Zu Beginn der Woche stellen beide Institute ihre Berechnungen fertig; am Tag vor der Prognose tauschen sie sich untereinander aus; am Tag der Prognose, um neun Uhr, bringt ein Taxi beide Prognosen zu den betroffenen Ministerien; ein bis zwei Stunden später werden die neuen Zahlen den Medien präsentiert. Am gestrigen Freitag also wurde die Krot aus dem Sack gelassen: Das Wifo erwartet für heuer ein Minus von 7,3 Prozent, das IHS von 7,5 Prozent. Zurück bleibt, ebenso verlässlich, die rätselnde Öffentlichkeit: Die Prognosen unterscheiden sich zwar nur marginal. Aber was stimmt jetzt eigentlich? Und wieso in aller Welt können die beiden Institute nicht eine einheitliche Prognose abgeben? So wie das in Deutschland gemacht wird.
Simple Antwort – weil Österreich eben nicht Deutschland ist. Dort hat die Bundesregierung schon nach dem Krieg die sogenannte Gemeinschaftsdiagnose hochoffiziell in Auftrag gegeben: Die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute machen zwar weiterhin regelmäßig ihre eigenen Prognosen, doch zweimal jährlich präsentieren vier von ihnen eine gemeinsame, abgestimmte Analyse über die Lage und Entwicklung der Weltwirtschaft und der Wirtschaft Deutschlands.