Nicht der Knall, der Effekt zählt

Feuerwerk. Zu Silvester versucht sich halb Österreich in der Pyrotechnik. Wer privat oder professionell größere Feuerwerke veranstalten will, muss entsprechendes Know-how nachweisen.

Silvester naht – und damit auch die Zeit der Feuerwerke. Doch nicht jeder darf alles, was farbige Bilder in den Himmel zeichnet, abschießen. „Feuerwerke der Klassen F3 und F4 sind Pyrotechnikern vorbehalten“, sagt Alexander Sekanina, Leiter des Pyrotechnik-Lehrgangs am Wifi Wien. Um als solcher tätig werden zu können, muss zuvor ein staatlich anerkannter Lehrgang mit abschließender Prüfung absolviert werden. „Danach kann man bei der jeweiligen Bezirkshauptmannschaft beziehungsweise Landespolizeidirektion den entsprechenden Pyrotechnikerausweis beantragen“, erklärt Alfred Kappl, dessen Unternehmen Special Chemical Trading in Wien und der Steiermark ebenfalls die Ausbildung zum Pyrotechniker anbietet. Nur mit diesem dürfen pyrotechnische Gegenstände der Klassen F3 und F4 gekauft und besessen werden. Zum Abschießen des Feuerwerks berechtigt er jedoch noch nicht. „Wer das tun will, muss zuerst einmal das Feuerwerk bei der Bezirksverwaltungsbehörde anmelden und dabei auch eine Haftpflichtversicherung nachweisen. Erst mit dem entsprechenden Bescheid darf das Feuerwerk schließlich abgeschossen werden“, sagt Bernd Doppler, ebenfalls zertifizierter Ausbildungsanbieter.

Von Beratung bis Aufräumen

Die Aufgaben der Pyrotechniker sind umfassend: Sie beraten – falls sie den Beruf haupt- oder nebenberuflich ausüben – ihre Auftraggeber, führen Ortsbesichtigungen durch und legen Sicherheitszonen fest. Darüber hinaus kümmern sie sich um die Absperrung der Sprengstelle, die Beschaffung und den sicheren An- und Abtransport der erforderlichen Materialien, legen die Abbrennfolge der Feuerwerkskörper fest, installieren die erforderlichen Abschuss- und Zündvorrichtungen und zünden schließlich die pyrotechnischen Gegenstände. „Ein Feuerwerk hat nichts mit Knallerei zu tun, was zählt, ist vielmehr der Effekt“, sagen Kappl und Doppler dazu. Letzterer spricht sich in diesem Zusammenhang für ein Verbot der sogenannten bodenknallenden Feuerwerke aus. „In der Schweiz gibt es das bereits seit Jahren“, sagt der Experte, der darauf hinweist, dass auch das Säubern der Abschussstelle im Anschuss zu den Aufgaben des Pyrotechnikers gehört.

Dementsprechend umfassend ist angesichts der Anforderungen die modular aufgebaute Ausbildung: Quasi als Grundkurs dient der zumindest dreitägige F3-Lehrgang, in dem der Umgang mit pyrotechnischen Gegenständen der Kategorie F3 gelehrt wird. Der Fokus dabei liegt eher auf der Theorie, die von minimalen praktischen Übungen ergänzt wird. Auf dem Lehrplan stehen unter anderem Brand- und Personenschutz, Fach- und Sach- sowie Rechtskunde, beschreibt Kappl. Dieses Wissen wird im anschließenden in der Regel viertägigen F4-Lehrgang, den die meisten der Teilnehmer an den F3-Kursen ebenfalls absolvieren und der zum Abschießen von Großfeuerwerken berechtigt, noch vertieft. Ebenfalls auf dem Programm steht bei diesen auch das Projektieren und Kalkulieren derselben, solle „doch auch etwas übrig bleiben“, sagt Sekanina.

Großfeuerwerk im Curriculum

Großgeschrieben wird bei den F4-Lehrgängen die Praxis: Noch bevor der Theorieteil absolviert werden kann, müssen die Teilnehmer bei 15 Großfeuerwerken mitwirken. Damit der Herausforderungen nicht genug: Denn auch die am Ende der beiden Lehrgänge stehenden kommissionellen Prüfungen sind umfangreich. „Sowohl bei F3 als auch bei F4 müssen 90 Fragen schriftlich beantwortet werden, und davon müssen 80 Prozent richtig sein“, erklärt Sekanina. Im Anschluss folgt noch eine kurze mündliche Prüfung.

Das Interesse an der Pyrotechnik-Ausbildung ist – trotz derzeitiger Veranstaltungsflaute – groß, wobei nicht jeder damit auch Geld verdienen will. „Ein Drittel unserer Teilnehmer will haupt- oder nebenberuflich als Pyrotechniker arbeiten“, sagt der Wifi-Lehrgangsleiter. Ein Drittel wolle sich das Know-how in Zusammenhang mit ihrem Beruf aneignen. „Das sind beispielsweise Hoteliers oder Gastwirte, die bei Hochzeiten, zu Silvester oder bei anderen Veranstaltungen selbst ein professionelles Feuerwerk veranstalten wollen“, sagt Sekanina. Das restliche Drittel bestehe aus Interessierten, die ihrer Leidenschaft frönen wollen. Teilnehmer müssen zumindest 18 Jahre alt sein und eine Verlässlichkeitsbescheinigung vorweisen. „Gut wären auch ein bisschen handwerkliches Geschick und eine gewisse Kreativität“, sagt Doppler.

Wer sich mit dem Gedanken trägt, als Bühnenpyrotechniker zu arbeiten, muss noch zusätzliche vier Tage die Schulbank drücken. „Da geht es um ganz andere Produkte und Produktgruppen. Und der Brandschutz muss 100-prozentig passen“, erklärt Doppler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2020)

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