Kulturwissenschaft

Das Klagelied der letzten Schamaninnen Europas

Ganz selten erklingt die Petrecatura, die mehrstündige zeremonielle Totenklage, noch bei Begräbnissen in Serbien.
Ganz selten erklingt die Petrecatura, die mehrstündige zeremonielle Totenklage, noch bei Begräbnissen in Serbien.(c) imago images/Panthermedia (ventdusud via www.imago-images.de)
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Ganz selten erklingt die Petrecatura, die mehrstündige zeremonielle Totenklage, noch bei Begräbnissen in Serbien. In ihrem Text finden sich Motive, die bis in die heidnische, vorchristliche Zeit zurückreichen.

Zum ersten Mal ist Thede Kahl das zeremonielle Klagelied als Student Anfang der 1990er-Jahre in Ostserbien begegnet. Diese Form der Totenklage, die Petrecatura, zieht sich über den ganzen Zeitraum dahin, in dem der Verstorbene vom Sterbebett bis zum Friedhof von den Trauernden begleitet wird. „Im Gegensatz dazu versteckt man tote Menschen hierzulande regelrecht“, sagt der Slawist. „Ich kenne 40-Jährige, die noch nie eine Leiche gesehen haben. In Südosteuropa ist das anders, da ist es normal, dass ein Toter offen aufgebahrt und besungen wird.“

Kahl, der an der Universität Jena (Deutschland) tätig ist, steht auch der Kommission für verschwindende Sprachen und kulturelles Erbe der ÖAW (Österreichischen Akademie der Wissenschaften) in Wien vor. Hier hat er die Petrecatura als fast ausgestorbenes volksliterarisches Kulturgut zu seinem Forschungsgegenstand gemacht. Konkret handelt es sich dabei um die Totenklage der Vlachen, die über Hunderte Jahre hinweg fester Bestandteil jeder Beerdigung im Osten Serbiens war. Die Verse wurden mündlich überliefert und von Frauen auf Timok-Vlachisch, einer alten Form des Rumänischen, gesungen. Neben Ostserbien ist die Klage auch noch vereinzelt in Albanien und Montenegro lebendig.

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