Interview

OECD-Generalsekretär: „Nicht die Zeit, sich um Schulden zu sorgen“

Der Generalsekretär der OECD, Angel Gurría, sieht im „Presse"-Interview Lateinamerika als den großen Verlierer der Krise. Weltweit wurden zehn bis zwölf Billion Dollar Hilfsgelder ausbezahlt.

Die Presse: Die Weltwirtschaft wird heuer laut OECD-Prognose um 4,2 Prozent schrumpfen, weniger als befürchtet. Die USA um 3,7 Prozent, die Eurozone um 7,5 Prozent. Ist Europa der große Verlierer dieser Krise?

Angel Gurría:
Nein, ich fürchte der große Verlierer wird Lateinamerika sein. Die Wirtschaftsleistung wird stärker sinken und die Erholung langsamer sein als im Rest der Welt. 60 Prozent der Arbeitskräfte in der Region arbeiten im informellen Sektor. Diese Menschen haben keinerlei Absicherung, von Home Office ganz zu schweigen. Sie müssen täglich raus gehen, um zu arbeiten. Die Folgen werden schwerwiegend sein.

Gleichzeitig schrumpft die Wirtschaft in Europa doppelt so stark wie in den USA.

Wirtschaftlich am schlimmsten war in Europa das zweite Quartal in diesem Jahr. Im dritten haben wir eine fulminante Erholung gesehen. Dann kam die zweite Welle, sie trifft die europäischen Länder hart, aber Asien und die USA ebenso. Wir haben angenommen, dass es 2021 steil aufwärts gehen wird. Nun wird die Entwicklung deutlich flacher sein. Wir müssen davon ausgehen, dass die Wirtschaft in den meisten Ländern der Welt Ende 2021 noch nicht wieder auf dem Niveau von 2019 sein wird. Es hängt auch stark davon ab, wie die Bereitstellung des Impfstoffs verläuft.

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