Hausgeschichte

Eine Pergola als Symbol der Einigkeit

Links die KPH, rechts einige der Gebäude der Religionsgemeinschaften unter dem gemeinsamen Pergoladach.
Links die KPH, rechts einige der Gebäude der Religionsgemeinschaften unter dem gemeinsamen Pergoladach.(c) ZOOMVP
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Acht Religionsgemeinschaften, ein „Campus der Religionen“: In der Seestadt Aspern plant das Architekturbüro Burtscher-Durig ein einzigartiges Projekt.

Unterschiede zu überbrücken und Gemeinsames zu betonen ist in Zeiten wie diesen wichtiger denn je“, meint Marianne Durig vom Wiener Architekturbüro Burtscher-Durig, Mit dem „Campus der Religionen“, der im Quartier „Am Seebogen“ der Seestadt Aspern entstehen soll, wird diese Einstellung quasi in Stein gemeißelt: Als interreligiöse Begegnungsstätte wird er auf rund 10.000 Quadratmetern Platz für acht Glaubensgemeinschaften bieten. Vertreten sind: die römisch-katholische, evangelische, griechisch-orientalische und neuapostolische Kirche, die israelitische, buddhistische und Sikh-Religionsgemeinschaft sowie die islamische Glaubensgemeinschaft. Dazu kommt die Kirchliche Pädagogische Hochschule Wien/Krems (KPH), die ihren jetzigen Standort in Strebersdorf verlässt und an den Campus zieht.

„Verbindendes herauszustreichen und eine gemeinsame bauliche Klammer, die die Sakralbauten und die KPH gleichsam unter einem Dach eint, waren daher zwei wichtige Vorgaben“, erklärt Durig, deren Büro den EU-weiten, offenen Wettbewerb im Sommer für sich entscheiden konnte. Dieser habe, nach mehreren Jahren gemeinsamer Überlegungen, etlichen Workshops und sehr viel Austausch auf nationaler wie internationaler Ebene, einen wichtigen Meilenstein in der Seestadt-Entwicklung dargestellt, ergänzt Heinrich Kugler, Vorstand der Wien 3420 Aspern Development AG.

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Viele Bauherren, ein Ensemble

Doch das waren noch nicht alle Herausforderungen auf dem Weg zu einem gemeinsamen spirituellen Zentrum. „Bei der KPH, die als Erstes errichtet wird, hat es sich um einen Realisierungswettbewerb gehandelt, bei den Sakralbauten um einen Ideenwettbewerb“, erzählt Durig. Denn die Gebäude, in denen künftig die Religionsgemeinschaften beheimatet sein werden, werden einzeln weiterentwickelt. „Die Religionsgemeinschaften als Bauherren werden dafür weitere Wettbewerbe ausschreiben. Wir mussten also eine möglichst offene Struktur errichten, um die Voraussetzungen für ein möglichst stimmiges Ensemble zu schaffen“, sagt die Architektin.

Platz für Prozessionen . . .

Gleichzeitig galt es, die unterschiedlichen Anforderungen der Religionsgemeinschaften zu beachten. „Manche wollten die Möglichkeit haben, eine Prozession um ihren Sakralbau herum führen können, bei anderen war die Ausrichtung des Gebetsraums ein Anliegen“, so Durig. Eine weitere Herausforderung sei das große Volumen der KPH, die auf rund 3000 Studierende ausgerichtet ist, gewesen. „Wir reden da von rund 16.000 Quadratmetern Bruttonutzfläche, während es bei den Religionsgemeinschaften in Summe rund 1600 Quadratmeter sind“, sagt Durig. Um den Vorgaben zu entsprechen, hat das Architektenteam den Campus durch einen zentralen, sanft ansteigenden Platz gegliedert, um den die Gebäude „gleichberechtigt“ angesiedelt werden. Die KPH, in ökumenischer Trägerschaft von unterschiedlichen christlichen Kirchen geführt, bildet im Norden den höchsten Punkt. „Wir haben die benötigten Räume in vier Gebäuden untergebracht“, beschreibt Durig. Verbunden werden die Gebäude durch die Erdgeschoßzone sowie Brücken, um den Wechsel von einem Gebäude ins andere zu erleichtern.

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. . . und koschere Küche

Die Gebäude der acht Religionsgemeinschaften befinden sich im südlichen Teil des Platzes, der von dort aus fünf Meter ansteigt. Die Veranstaltungsräume sowie die Mensa der Pädagogischen Hochschule, die nicht nur eine normale, sondern auch eine koschere und eine Halal-Küche bietet, können ebenfalls benutzt werden – eine Idee, die durchaus ankommt. Eine Pergola aus Stahl und Aluminium, die sich über die begrünten Dachgärten der Gebäude spannt, dient gleichermaßen als Sonnenschutz sowie als verbindendes Element. Wann genau der „Campus der Religionen“ verwirklicht wird, ist noch nicht fix, durch Corona gab es etliche Verzögerungen. Eines steht aber fest: „Der mit dem Siegerprojekt gefundene architektonische Rahmen für den Campus wurde bereits in unsere weiterführenden städtebaulichen Überlegungen eingearbeitet“, sagt Kugler.

Zum Objekt, zum Ort

Seit 2010 wird an der Seestadt Aspern im 22. Wiener Bezirk gewerkt – nach dem Quartier „Seepark“, in dem bereits über 6000 Menschen wohnen, nun im Bereich „Am Seebogen“ im Norden der Seestadt. Das Baufeld H2 ist für den „Campus der Religionen“ mit Häusern für acht Religionsgemeinschaften und der KPH (Kirchlich-Pädagogische Hochschule) reserviert. Neue Eigentumswohnungen kosten im 22. Bezirk 2934,50 bis 4596,32 Euro/m2, Mietwohnungen zwischen 6,75 und 11,41 Euro/m2.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.12.2020)

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