Österreichs Klimapolitik

Klima: „Elf Milliarden fließen ins Ausland“

PV-Zellen
PV-Zellen(c) dpa-Zentralbild/Patrick Pleul (Patrick Pleul)
  • Drucken

Mit anspruchsvollen umweltpolitischen Zielen startet Österreich ins neue Jahr. Bis 2030 soll der Ausstoß von Treibhausgasen um mehr als die Hälfte verringert werden, 2040 soll Österreich überhaupt klimaneutral sein. In der „Die Presse“-Serie zu Österreichs Klimapolitik erläutern Experten, wie diese Ziele erreichbar sind - heute die Einschätzung der Österreichischen Energieagentur.

Peter Traupmann ist im südlichen Burgenland geboren und aufgewachsen. Er hat quasi vor der Haustür erlebt, wie sich Dinge von Grund auf ändern können, und das in vergleichsweise kurzer Zeit. Das südliche Burgenland war bis vor wenigen Jahrzehnten das Paradebeispiel für eine so genannte strukturschwache Region, aus der Menschen abgewandert sind – keine Jobs, keine Anbindung. Heute gilt das südliche Burgenland in vielen Bereichen als Vorzeigeregion, ziumindest ist es gelungen, die Abwanderung zu bremsen. Die Ursache hat einen Namen: Erneuerbare Energien.

Im Traupmanns Heimatregion geht es dabei vor allem um nachhaltige Energieversorgung mit Hackschnitzel und Pellets. Als Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur hat Traupmann allerdings nicht nur Holz im Fokus, sondern alle Möglichkeiten, unsere Gesellschaft unabhängig von Öl, Kohle oder Erdgas zu machen. Ein Fokus liegt auf Windkraft und Photovoltaik. Weichenstellungen stehen unmittelbar bevor: Sowohl das österreichische Energieeffizienzgesetz als auch das „Erneuerbare Energien-Ausbaugesetz“ stehen an, beschlossen zu werden. Diese beiden Gesetze werden einen entscheidenden Einfluss darauf haben, wie rasch und konsequent der Ausbau der Erneuerbaren vonstatten geht.

Geplant ist, dass bis 2030 zusätzlich 27 Terrawattstunden aus erneuerbaren Quellen kommen. Davon sollen elf TWh in Photovoltaik-Anlagen produziert werden (Österreich hat derzeit einen Gesamtstromverbrauch von etwa 70 TWh, der – nicht zuletzt aufgrund der Zunahme der E-Mobile auf 88 TWh steigen könnte).

Um diese Mengen an Strom aus Sonnekraft zu erzeugen, braucht es viele Maßnahmen. Traupmann nennt einige: „Künftig wird es möglich sein, dass Hausbesitzer auf dem eigenen Dach produzierten Strom direkt an die Mieter verkaufen können - so, dass es sich auch rechnet. Ein weiteres Beispiel sind lokale Energiegemeinschaften, die mit Strom handeln.“ Bei der Windkraft rechnet er damit, dass neben dem Ausbau auch bestehende Anlagen gegen neuere getauscht werden, um dann teilweise bis zur dreifachen Menge an Strom erzeugen zu können.

Nicht minder die Ansprüche im Wärmebereich: Derzeit gibt es in Österreich 600.000 Öl- und 900.000 Gasheizungen. Sie allesamt auszutauschen, schlüge mit Investitionen in der Höhe von 29 Milliarden Euro zu Buche. Aber: „Diese Summe bleibt weitgehend in der heimischen Wertschöpfung und löst zusätzliche Investitionen aus“, so Energieagentur-Chef Traupmann. „Nicht vergessen darf man, dass sieben Millionen Tonnen Mineralöl-Produkte (davon 600.000 Tonnen Heizöl extra leicht) und 8,6 Millionen Tonnen Rohöl importiert werden. Der Import aller fossilen Energieträger (Öl, Gas, Kohle) lässt mehr als elf Milliarden Euro ins Ausland fließen.“ Außer dem wirtschaftlichen Argument kommt noch das gesellschaftspolitische dazu: Denn die Herkunftsländer der fossilen Rohstoffe sind politisch oft instabil, in Kriege verwickelt und leiden unter autoritärer Herrschaft.

Beginnen müsse man mit alledem „morgen“, Zweifel hat Traupmann nicht: „Wenn es in anderen Ländern geht, warum soll das bei uns nicht auch möglich sein? Wichtig ist meines Erachtens, dass es hier nicht nur um Energie- oder Klimapolitik geht. Wir reden darüber, unser gesamtes Leben und Wirtschaften nachhaltig umzubauen und dabei auch Jobs zu schaffen. Ziel ist es letztlich, für uns und unsere Kinder das Leben in einer intakten Umwelt zu sichern und die ökologische Vielfalt zu erhalten.“

Lesen Sie morgen: Warum das Fenster für Maßnahmen gegen den drohenden Klimakollaps allmählich zugeht.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Strom-"Zapf"säule
Umwelt

E-Autos:"Nur eine Symptom-Behandlung"

Österreich will klimaneutral werden. Ein Schlüsselfaktor dabei ist die Verkehrspolitik. In der „Die Presse“-Serie über Österreichs Klimapolitik meint ein Verkehrsexperte: „Möglich, aber nur mit drastischen Maßnahmen“.
Individualverkehr ist derzeit das größte Sorgenkind in der Klima- und Umweltpolitik.
Treibhausgase

Bürgerbeiräte für das Klima

Jetzt ist die Stunde des Handelns: Das ist die Auffassung der Klimawissenschaft. In der „Die Presse“-Serie über Österreichs Klimapolitik erläutert ein Experte heute, warum Bürgerbeiräte zentrale Bedeutung haben sollten und dass das Fenster für die Trendumkehr nicht mehr lange offen bleibe.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.