Schritt zur Lichtung des Förderdschungels

Schritt Lichtung Foerderdschungels
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Der Entwurf zur Transparenzdatenbank ist in Begutachtung, ab Jänner kann man die Staatshilfen online abrufen. Sie soll helfen, Parallelförderungen und Doppelstrukturen zu eliminieren oder zu hohe Leistungen zu kürzen.

WIEN (rie). Es wird ein Wegweiser werden durch den österreichischen Förderdschungel. Eine Anleitung für alle, die nicht wissen, welche Sozialhilfen, Zuschüsse oder Direktzahlungen sie von Vater Staat bekommen können.

Das jedenfalls, erklärt man im Finanzministerium, sei der „Servicegedanke“ hinter der Transparenzdatenbank, die ab 1. Jänner 2011 alle Zuschüsse des Bundes und ab 2012 auch die der Länder auflisten wird: Der Einzelne soll darauf hingewiesen werden, wenn er Zuschüsse nicht in Anspruch nimmt, die ihm zustehen.

Weniger Service wird die Datenbank den „Förderprofis“ bieten. Also jenen, die genau wissen, wo sie Geld bekommen können: Denn mittelfristig soll das Transferkonto die Möglichkeit schaffen, „Parallelförderungen und Doppelstrukturen zu eliminieren“, wie man im Finanzressort erklärt: „Was doppelt und dreifach ausbezahlt wird, kann man einsparen.“ Beispielsweise also bei einem Pendler, wenn er die Pendlerpauschale von der Lohnsteuer absetzt und zugleich Pendlerbeihilfe von seinem Bundesland erhält.

Welche Summen das Finanzministerium einzusparen hofft, ist noch unklar. Der Entwurf zum „Bundesgesetz über eine Transparenzdatenbank“, der gestern in Begutachtung ging, enthält keinerlei Schätzungen. Die positiven Effekte entstünden erst mit den „künftigen Steuerungsmaßnahmen“, sie seien „aus heutiger Sicht“ noch nicht zu quantifizieren, heißt es im Entwurf.

Zugriff mittels PIN

Derzeit geht es dem Finanzministerium in erster Linie darum, überhaupt einen Überblick über die Transferleistungen zu erhalten. In einem internen Papier listet das Ressort mehr als 1200 Förderungen, Direktzahlungen und Beihilfen auf, die es in Österreich gibt: Von der Familienbeihilfe, die 3,4 Mrd. Euro kostet und die 1,8 Mio. Menschen beziehen, bis zur „Elternversorgung von Kriegsopfern“ mit 18.000 Euro im Jahr 2008 und elf Bezugsberechtigten.

Die Datenbank hat zwei Ziele. Einmal Servicecharakter: Ab Jänner soll jeder Bürger mittels PIN-Code die Möglichkeit haben, via Internet auf sein individuelles Konto zuzugreifen. Aufgelistet werden sein: Einkommen, Pflegegeld, Familienbeihilfe, Pension, Arbeitslosengeld, Witwenpension, Waisenrente. Später sollen auch einige Sachleistungen aufscheinen, etwa die Kosten für die Schule, für einen Studien- oder Kindergartenplatz. Bis Ende des Jahres werden auch die Landesförderungen einbezogen. Weigert sich ein Land, die Daten zur Verfügung zu stellen, soll es über ein Verfassungsgesetz dazu gezwungen werden. Ab Anfang 2012 soll das Onlinekonto dann einen vollen Überblick bieten, welche Leistungen man von der öffentlichen Hand erhält.

Dem Staat bietet die Datenbank wiederum die Möglichkeit, den Förderdschungel zu lichten. Also die erwähnten Doppelgleisigkeiten abzuschaffen oder zu hohe Leistungen zu kürzen.

Blick in staatsnahe Firmen

Der Überblick gilt nicht nur für Einzelpersonen, sondern auch für Unternehmen – und das war einer der Streitpunkte der Koalition. Die ÖVP wollte beispielsweise nicht, dass man zu genau erfährt, was die Bauern – ihre Klientel – an Zuschüssen bekommen. Man stritt um 800 Millionen Euro, die die SPÖ als Transferzahlung, die ÖVP aber als Leistungsabgeltung sah (die Bauern mähen dafür Wiesen).

Die ÖVP lenkte ebenso ein wie die SPÖ bei den Zahlungen für staatsnahe Unternehmen. So wird künftig nicht nur aufgelistet sein, was die ÖBB an direkten Förderungen erhalten, sondern auch, was sie beispielsweise an Forschungsförderung, Lehrlingsprämie, Betriebsförderung kassieren.

Etwas bedeutet die Datenbank freilich nicht: Dass Zuschüsse wegen Skurrilität abgeschafft werden. Wohl sehr zur Beruhigung der Kärntner: Die bekommen nämlich eine Förderung beim Kauf einer Landestracht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.09.2010)

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