Kolumne

Mut zur Lücke, Vertrauen in die Experten

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GERMANY-HEALTH-VIRUS-DEMONSTRATIONAFP/RONNY HARTMANN
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Ich möchte mich nicht damit befassen müssen, was Boten-RNA ist, und wie Impfstoffe funktionieren. Denn dafür gibt es Fachleute, die mehr davon verstehen, als es mir jemals möglich wäre.

Wissen Sie, was Epistemologie ist? Ich weiß es nicht gut genug, mit schwachen Pfötchen hält mein mürbes Hirn sich an diesem Begriff fest, sodass ich jedes Mal, wenn ich ihn in eine Debatte einbringen möchte, verstohlen in der Wikipedia nachschlagen muss. Jedenfalls, in aller Kürze: Die Epistemologie ist jene Disziplin, die sich mit der Frage befasst, woher wir wissen, was wir wissen (eher, und meistens: was wir zu wissen glauben).

Epistemologie ist ein tragischer Begriff, denn mir scheint, dass wir ihr heute mehr Aufmerksamkeit zuwenden sollten, als wir das tun. Nehmen wir das Thema Nummer eins: die Seuche. Im Angesicht der umfassenden Wirkmacht von Covid-19 über unser Leben geht vielen von uns offensichtlich auch der Sinn für die Unterscheidung zwischen Wissen und Meinung verloren. Ein Großteil von uns hat keine Ahnung, was ein Gen ist, nur wenige können mit Ach und Krach herbeistammeln, was der Unterschied zwischen einem Virus und einem Bakterium ist – und doch wird man, im Bekanntenkreis und auf den angeblich sozialen Medien, mit apodiktischen Aussagen darüber behelligt, welcher Impfstoffhersteller denn am besten sei.

Ganz ehrlich? Ich möchte mich nicht damit befassen müssen, was Boten-RNA ist. Ich möchte auch nicht ergründen müssen, wie die Impfstoffe funktionieren. Warum? Weil ich das, in Ermangelung der Zeit und der Begabung für ein biomedizinisches Studium, nie verstehen werde. Ich verstehe aber auch nicht, wie mein Induktionsherd funktioniert. Das muss ich auch nicht, denn glücklicherweise gibt es Fachleute, die das studiert haben und folglich um das Gen, den Impfstoff, den Induktionsherd Bescheid wissen. Es wäre eine Anmaßung, würde ich mich einer Meinung über Impfstoffe erfrechen!

In Wahrheit führt uns die Illusion, zu allem eine Meinung haben zu müssen, in die gegenwärtige gefährliche Lage: in der fast jeder Zweite den Leuten vom Fach nicht mehr glaubt und sich nicht impfen lassen möchte. Ergo: Haben wir Mut zur Lücke – in unserem eigenen Interesse.

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