Naturkatastrophe

Schwere Schäden nach Beben in Kroatien, Akw soll wieder hochfahren

Bauer Tomislav Suknaic vor seinem zerstörten Haus in Majske Poljan.
Bauer Tomislav Suknaic vor seinem zerstörten Haus in Majske Poljan.REUTERS
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Mehr als 1000 Gebäude wurden in der am stärksten betroffenen Region zerstört. Viele Menschen übernachteten im Freien und in Autos. Trotz Nachbeben soll das Akw Krško wieder in Betrieb gehen.

In Zentralkroatien seien bei dem Erdbeben am Dienstag mehr als 1000 Gebäude im Gebiet von Petrinja, Sisak und Glina komplett zerstört worden, mindestens so viele seien beschädigt, sagte der Verantwortliche der Region Sisak-Moslavina, Ivo Zinic, am Mittwoch zum Regionalsender N1. Meldungen über Vermisste gäbe es vorerst keine.

Nachdem die Rettungskräfte auch die entferntesten Dörfer überprüft haben, werden die endgültigen Opferzahlen feststehen, so Zinic. Bei dem Erdbeben starben am Dienstag sieben Menschen, nach Angaben des Innenministeriums wurden mindestens 26 Menschen verletzt, sechs davon schwer. Die Regierung erklärte den 2. Jänner zum nationalen Trauertag. Außerdem wurden für den ersten Hilfebedarf umgerechnet 16 Millionen Euro bereitgestellt.

Am Mittwoch gab es in Petrinja und Sisak außerdem eine Reihe von Nachbeben. Mittwoch früh erschütterten wieder drei stärkere Stöße die Gegend, der heftigste um 6.26 Uhr hatte nach Angaben von Seismologen eine Stärke von 4,8 auf der Richterskala. Die Nachbeben waren auch in Slowenien spürbar.

Bilder aus den betroffenen Gebieten, die ohnehin zu den ärmsten Teilen des Landes zählen, zeigten enorme Schäden. Zahlreiche Häuser sind dem Boden gleichgemacht, anderswo wurden die Dächer notdürftig repariert. Die Zerstörung wird mit dem Kroatien-Krieg (1991-1995) verglichen, viele Menschen haben nach dem Krieg nun zum zweiten Mal ihre Häuser verloren. In Glina und Umgebung gab es am Mittwoch keine Wasserversorgung, wegen beschädigter Leitungen waren Teile von Petrinja nach wie vor ohne Strom.

"Das ist keine Katastrophe, das ist ein Kataklysmus", sagte ein Bewohner aus dem Dorf Majske Poljane zum Nachrichtenportal "Index" vor seinem stark beschädigten Haus. Auch er verbrachte die Nacht im Wagen. Seine 90-jährige Mutter, die sich während des Bebens im Haus befunden hatte, übernachtete in der Notunterkunft in Glina. In dem Dorf, das zu den am stärksten betroffenen gehört, starben fünf Menschen in den Trümmern.

Kaserne als Notunterkunft

In Petrinja haben laut Medien rund 500 Menschen, deren Häusern zerstört wurden, die Nacht in Notunterkünften verbracht, viele davon in der dortigen Kaserne. Andere kamen bei Verwandten unter, ein Teil der Bevölkerung blieb allerdings bei ihren Häusern. Die Nacht verbrachten sie im Freien oder in ihren Autos. Auch in Sisak blieben die meisten Bewohnern bei ihren beschädigten Häusern, rund 130 nützten die Notunterkünfte, die in den Sporthallen von dortigen Schulen errichtet wurden. Mehr als 300 Krankenhauspatienten und Bewohner von Altersheimen wurden aus Sisak und Petrinja nach Zagreb evakuiert.

Hilfe für das betroffene Gebiet langte aus allen Teilen Kroatiens sowie auch aus dem Ausland ein. Zahlreiche Freiwillige trafen ein, um zu helfen. Die Behörden haben diese aufgerufen, nicht mehr nach Petrinja und Sisak zu kommen. "Trotz ihrer guten Absichten erschwert das Gedränge die Arbeit der Rettungsdienste", twitterte das Innenministerium. In den abgelegenen Dörfern freute man sich unterdessen über die Freiwilligen, die bei den Aufräumarbeiten helfen. Eine Gruppe von jungen Menschen mit Schaufeln betonte gegenüber N1, sie hätten sich mit lokalen Behörden abgestimmt, wo sie helfen können.

Mehrere geglückte Rettungsaktionen

Während sieben Menschen, darunter ein zwölfjähriges Mädchen, unter den Trümmern ihr Leben verloren haben, berichten die Medien auch über geglückte Rettungsaktionen: So konnte am Dienstag eine Mitarbeiterin der Stadtverwaltung von Petrinja, die stundenlang in ihrem Büro verschüttet war, geborgen werden. Die Hunde hatten sie unter dem Schutt aufgespürt, Rettungskräfte hatten laut Medienberichten vier Stunden gebraucht, um sie zu bergen. Am Mittwoch wird in Kroatien der EU-Kommissar für Krisenmanagement, Janez Lenarcic, erwartet.

Ein österreichisches Hilfspaket wird noch am heutigen Mittwoch in das kroatische Bebengebiet transportiert. "Österreich ist seit vielen Jahren ein verlässlicher Partner in der internationalen Katastrophenhilfe. Es ist daher eine Selbstverständlichkeit, die notwendigen Hilfsgüter rasch auf den Weg zu schicken", so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch.

Die Landesfeuerwehrverbände Niederösterreich und Wien wollten sich mit mehr als 30 Fahrzeugen auf den Weg machen, um den kroatischen Behörden die Hilfsgüter zu überbringen. Das Paket umfasst u.a. Wohncontainer, Feldbetten, Zeltbeleuchtungen und Heizlüfter. Neben der ersten Tranche, wird ein weiterer Transport am Abend des Neujahrstages erfolgen.

Grüne fordern Stilllegung, FPÖ Prüfung von Akw Krško 

Das Atomkraftwerk Krško in Slowenien, das nach dem Beben präventiv abgeschaltet wurde, sollte nach durchgeführten Prüfungen voraussichtlich noch am Mittwoch wieder hochgefahren werden. Die Grünen haben erneut eine Stilllegung des Kernkraftwerks gefordert. Diese "Gefahr für Europa" müsse beendet werden, teilte Anti-Atom-Sprecher der Grünen, Martin Litschauer, am Mittwoch in einer Aussendung mit. "Ein zweites Fukushima würde Europa in diesen Zeiten ins Chaos stürzen." Er sprach sie gegen die geplante Betriebsverlängerung des Atommeilers aus.

Die FPÖ in Form von Umweltsprecher Walter Rauch forderte unterdessen angesichts der "Gefahr" die Entsendung einer unabhängigen Expertenkommission in das Atomkraftwerk, um "das Schrott-AKW selbst genauer hinsichtlich Schäden und Erdbebensicherheit unter die Lupe" zu nehmen. Die türkis-grüne Regierung müsse nun für Aufklärung zu sorgen, so Rauch in einer Aussendung.

(APA)

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