Wohngeschichte

Eine Wohnung mit der Nummer 7

Der aus Syrien stammende Autor Omar Khir Alanam hat sich in Graz zu Füßen des Schlossbergs niedergelassen. Dort schreibt er und träumt sich auf den Berg hinauf.

Wer sein erstes Buch „Danke ! Wie Österreich meine Heimat wurde“ gelesen hat, weiß, welche Verbindung der Autor Omar Khir Alanam zu der Nummer sieben hat, schon seit der Zeit in seiner ehemaligen Heimat Syrien. Im November 2014, nach zwei Jahren Flucht durch ganz Europa, kam er in Österreich an, in Graz hat er eine neue Heimat gefunden. Seine Wohnung trägt die Nummer 7: „Als ich das sah, wusste ich sofort: Die ist perfekt für mich“, erzählt er. Das Wohnhaus, in dem er seit 2017 mit seiner Frau, Alena, und seinem kleinen Sohn lebt, liegt zu Füßen des Schlossbergs, die Wohnung selbst hat 74 Quadratmeter. Über ein kleines Vorhaus gelangt man in die große Küche, von dort landet man entweder direkt im Wohnzimmer oder in einem weiteren kleinen Vorhaus. An dieses schließen sich Schlafzimmer, Nassräume und ein Abstellraum an.

Omar Khir Alanam mit seinen zwei im Verlag edition-a erschienenen Büchern
Omar Khir Alanam mit seinen zwei im Verlag edition-a erschienenen Büchern

Orient trifft Okzident

Was die Einrichtung betrifft, hat der Schriftsteller seine ganz persönliche Philosophie. „Für mich ist es wichtig, dass alles zusammenpasst, harmonisch ist.“ Und da er gleichzeitig großen Wert auf Individualität legt, trifft in seinem Heim nun der Orient auf den Okzident. „Es war mir ein großes Anliegen, beide Stilrichtungen – orientalisch und westlich, syrisch und österreichisch – zu mischen. Weil beide Herzen in meiner Brust schlagen. Das soll auch in meinem Zuhause sicht- und spürbar sein.“ Das orientalisch Bunte und Farbenfrohe kommt besonders in den Fliesen der Küche zum Ausdruck. Hier frönt er seiner – neben dem Schreiben – zweiten Leidenschaft, dem Kochen.
Der Ort, das Umfeld, wo seine Texte entstehen, ist für ihn hingegen zweitrangig. „Ich muss mich dort, wo ich schreibe, wohlfühlen, aber das können je nach Stimmung sehr unterschiedliche Plätze sein. Es kann sein, dass viele Menschen um mich herum sind, wenn ich arbeite, oder dass ich die Stille suche und allein sein will. Das hängt auch davon ab, woran ich gerade schreibe.“ Seine Texte handeln von Liebe, Exil, Revolution, Flucht, Ausgrenzung, Heimat, Hoffnung und Identität.
Zu den speziellen Plätzen, die ihn in den eigenen vier Wänden zum Schreiben inspirieren, gehört das Fenster im Wohnzimmer, vor dem immer ein bequemer Sessel steht. Darunter liegt ein orientalischer Teppich, darüber hat er eine Lichterkette angebracht, daneben steht ein kleiner Tisch. „Man sieht von hier aus die Treppe und die Menschen, die auf den Schlossberg gehen oder gerade herunterkommen. Es ist für mich immer aufs Neue inspirierend, die Menschen zu beobachten, wie unterschiedlich sie den Schlossberg hinaufgehen“, meint er mit einem Lächeln. Genügend Auslauf in den eigenen vier Wänden zu haben, ist für ihn als Kreativen eine Grundvoraussetzung: „Vor allem, wenn ich ein neues Buchprojekt beginne, renne ich meist ganz aufgeregt durch alle Zimmer. Ich laufe hin und her und habe dabei so viele Ideen in meinem Kopf, dass ich oft gar nicht weiß, womit ich anfangen soll. Wenn ich es dann schaffe, mich zu sammeln, setzte ich mich hin und schreibe alles auf. Sofort.“ Sein absoluter Lieblingsort ist aber die Küche. Hier bereitet er auch seine Workshops und Schreibwerkstätten vor, in denen er Jugendlichen das Thema Integration näherbringen will. „Ich halte mich oft stundenlang in der Küche auf. Hier kann man herrlich entspannen, schreiben oder in Ruhe einen Kaffee genießen.“

Traum von der Dachterrasse

Oder einfach nur stundenlang sitzen, sinnieren und sich in Gedanken die eigene Traumwohnung in allen Details ausmalen. Denn ganz zufrieden ist Alanam mit der derzeitigen Wohnsituation dann doch nicht. Es fehlt ihm ein Balkon, eine Terrasse. Idealerweise sollte sie auf einem Hügel liegen, „mit großen Glasfenstern und einem weiten, unverbauten Ausblick in die Natur“. Ein offenes Badezimmer sollte sie haben, einen Pool und über eine große Dachterrasse verfügen. „Wie jene in Damaskus, auf der ich abends als Kind gern saß, zu den Sternen blickte und versuchte, sie zu zählen. Heimlich. Bei uns sagt man nämlich, dass man Sterne nicht zählen darf, weil man davon Pickel bekommt“, lacht er.

Zur Person/Zum Ort

Der in Damaskus geborene Autor und Poetry Slammer Omar Khir Alanam ließ sich nach rund zweijähriger Flucht vor dem Krieg in Syrien in Graz nieder. Sein erstes Buch über die neue Heimat, erschienen 2018 im Verlag Edition A, trug den Titel „Danke! Wie Österreich meine Heimat wurde“. Im September 2020 ist im gleichen Verlag „Sisi, Sex und Semmelknödel. Ein Araber ergründet die österreichische Seele“ erschienen.
Für eine Eigentumswohnung in Graz Stadt im Erstbezug und in guter Lage muss man zwischen 3200 und 3800 Euro/m2 bezahlen.

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