Weltcup

Die beiden Retter der Skination

Johann Groder / EXPA / picturede
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Rot-weiß-roter Doppelsieg auf der spektakulären Stelvio: Matthias Mayer ist einmal mehr zur Stelle, wenn der Druck am größten ist, und Vincent Kriechmayr hat sich doch nicht verpokert.

Bormio/Wien. Es gibt Rennläufer, die mehr Siege auf dem Konto haben als Matthias „Mothl“ Mayer. Aber wenn die wirklich großen Titel vergeben werden oder der Druck am größten ist, dann gewinnt der Mann aus Afritz am See. Olympia-Gold 2014, Olympia-Gold 2018, Kitzbühel 2020. Und in Bormio erlöste der Kärntner nun die gebeutelte Skination mit dem ersten rot-weiß-roten Saisonsieg.

Weil es auch galt, die Kräfteverhältnisse innerhalb des ÖSV-Speedtems wieder zurechtzurücken, landete Landsmann Vincent Kriechmayr beim Abfahrtsklassiker auf der unverzeihlichen Stelvio nur vier Hundertstel hinter Mayer auf Platz zwei. Der Oberösterreicher, zuvor im Super-G ebenfalls Zweiter, wusste nach insgesamt 22 sieglosen Saisonrennen (Damen und Herren) um die Bedeutung. „Ich freue mich für unser Team, dass wir das Rennen gewonnen haben. Jetzt haben wir in der Öffentlich wenigstens nicht mehr so viel Druck, es wird nicht mehr so viel blöd geredet und wir können in Ruhe weiterarbeiten.“

Ski-Synergie

Dass dieser Druck immer größer geworden ist, lag auch an Mayer und Kriechmayr selbst. Das Duo hatte eine Fabelsaison hinter sich und im vergangenen Winter alle sechs ÖSV-Herren-Siege eingefahren, darunter den Doppelerfolg auf der Streif (Mayer vor Kriechmayr), aber heuer keinen optimalen Saisonstart hingelegt. Die zweite Garde im Speedteam um Otmar Striedinger und Christian Walder musste einspringen, in Gröden wurden die ÖSV-Abfahrer beinahe schon gedemütigt, als ihnen der hierzulande ausgemusterte Romed Baumann um DSV-Rennanzug davonfuhr.

Vor allem bei Kriechmayr wurde gerätselt, ob der überraschende Materialwechsel von Fischer zu Head doch nicht die beste Entscheidung gewesen sein könnte. Doch der 29-jährige Mühlviertler suchte die Fehler lieber bei sich selbst und sollte recht behalten.

In Bormio, wo nach den so unterschiedlichen Abfahrten von Val-d'Isère und Gröden mehr denn je Skitechnik, Mut und Entschlossenheit gefragt waren, schlug das Topduo nun zurück. Mayer, der vor zehn Jahren hier seine erste Weltcupabfahrt bestritten hatte, bejubelte nun seinen zehnten Weltcupsieg und meinte: „Also es passt alles zusammen.“

APA/AFP/ROBERTO TRABUCCHI

Auch diese Konstellation scheint ideal: Die beiden Schützlinge des erfahrenen ÖSV-Abfahrtschefs Sepp Brunner sind mit demselben Material erfolgreich, können Erfahrungen austauschen, die Serviceleute Ingo Fink (Mayer) und Wilfried Wieser (Kriechmayr) Synergien nutzen, auch wenn Kriechmayr bei seinen Skiern eine etwas andere Platte benutzt. Gut möglich, dass so die entscheidenden Hundertstel gegenüber dem Schweizer Urs Kryenbühl herausgeholt wurden, der als Dritter nur sechs Hundertstel zurücklag.

Die Stelvio bot an diesem Tag nicht nur aus rot-weiß-roter-Sicht bemerkenswerten Abfahrtssport:

► Dominik Paris, der hier zuletzt vier Speedrennen in Folge gewonnen hatte, meldete sich mit einem wilden Ritt und Platz vier zurück. Zur Erinnerung: Vor gerade einmal elf Monaten hatte sich der 18-fache Weltcupsieger in Kitzbühel das Kreuzband gerissen.

► Der in Überform agierende Ryan Cochran-Siegle hat nach seinem ersten Weltcupsieg tags zuvor im Super-G erneut eine spektakuläre Fahrt gezeigt, war zweimal in höchster Sturzgefahr und landete dennoch nur 30 Hundertstel zurück auf Platz sieben. Der US-Amerikaner erinnerte an Landsmann Bode Miller, der die Stelvio einst mit einem Ski abfuhr, nachdem ihm wenige Sekunden nach dem Start die Bindung aufgesprungen war.

► Trotz ÖSV-Doppelsieg bleibt die Schweiz dank ihrer kompakten Mannschaft klare Nummer eins im Nationencup. Selbst in den beiden Bormio-Rennen mit insgesamt drei österreichischen Stockerlplätzen konnten Mayer und Co. gerade einmal 22 Punkte (gleichbedeutend mit einem zwölften Platz) auf die Eidgenossen gutmachen.

Abfahrt Bormio

1. Matthias Mayer (AUT) 1:57,32 Min.

2. Vincent Kriechmayr (AUT) +0,04 Sek.

3. Urs Kryenbühl (SUI) +0,06

Weiters: 4. Dominik Paris (ITA) +0,13 5. Mauro Caviezel (SUI) +0,16 6. Aleksander Kilde (NOR) +0,28 7. Ryan Cochran-Siegle (USA) +0,30 10. Beat Feuz (SUI) +0,59 13. Max Franz (AUT) +0,96 14. Romed Baumann (GER) +1,02.

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