Heute Wanderweg: Militärstraße des Ersten Weltkriegs, Monte Pasubio.

Im Slum und am Berg

Nach einem gewaltigen Krachen schoss das Wasser nieder, dass kaum etwas anderes mehr zu hören war als dieses Prasseln, Klatschen und merkwürdige Sirren des Wassers. Das Wunder vom Monte Pasubio: wie ich zum literarischen Wettergott wurde.

Ich bin nicht der Wettergott, obwohl mir einmal als diesem gehuldigt wurde. Es war in der Schutzhütte Malga Zocchi auf dem Monte Pasubio, jenem Gebirgszug, der die Herrschaftsgebiete der Habsburger von denen der Venezianer trennte und im Ersten Weltkrieg zum Schauplatz endloser Kämpfe wurde, wo ich mein Wetterwunder bewirkte. Roberto Keller, der in seinem Verlag in Rovereto Reportageliteratur aus aller Welt veröffentlicht, hatte mich eingeladen, eine Wanderung zu begleiten, zu der sich jedes Jahr eine gemischte Gruppe aus ganz Italien aufmachte. Sie führte von einer Stätte des Grauens zur nächsten, denn überall am Monte Pasubio gab es Felsvorsprünge, hinter denen sich die italienischen und die österreichischen Soldaten verschanzten, oft keine 200 Meter voneinander entfernt, um sich monatelang zu beschießen, bis sie gemeinsam in den Winterstürmen erfroren. Und alle paar Kilometer fand sich in einer Senke, einer Lichtung ein einsamer Soldatenfriedhof, auf dem die zusammengeklaubten Gebeine der Erschossenen, Erfrorenen, Zerfetzten beider Seiten moderten.

Die Wanderung durchs Gebiet blutiger Schlachten, die drei Jahre nicht endeten, Hunderttausenden das Leben kosteten und am Kriegsverlauf nicht das Geringste änderten, führte über ausgedehnte Almen, die inzwischen zu einem Naturschutzgebiet vereint waren. Wir zogen durch eine Landschaft, die vom Krieg verheert wurde und heute ökologisch streng geschützt wird.

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